CDU sieht Musikschulen und Musikvereine durch Ganztagsschule gefährdet
Stuttgart. Der Landtag hat am Mittwoch auf Antrag der CDU über das Thema „Musikschulen und Musikvereine als Bildungsträger erhalten“ diskutiert. Anlass für die Debatte war die sich verändernde Schullandschaft. Das Ganztagsschulprogramm soll nun auch auf Grundschulen ausgeweitet werden, derzeit gibt es bereits 172 weiterführende Ganztagsschulen in Baden-Württemberg.
Paul Locherer (CDU) befürchtet, dass durch das Ganztagesschulkonzept die gewachsenen Strukturen der musikalischen Bildung durch Musikschulen und Orchester sowie die Qualität der musikalischen Bildung leiden könnte.
Anders sieht das Manfred Kern (Grüne). Als Kind hätte er gerne Klavierspielen gelernt. Dafür reichte aber das Geld seiner Eltern nicht aus. „Jedes Kind sollte, unabhängig von der Herkunft und vom Einkommen der Familie, die Möglichkeit haben, ein Instrument lernen zu können.“ Er sieht das Ganztagsschulprogramm nicht als Bedrohung, „mit diesem Konzept wird das außerschulische Bildungsangebot noch gestärkt.“
Dies gelinge durch die Monetarisierung: Um die Kooperation zwischen den Schulen und außerschulischen Musikangeboten zu stärken, könnten die allgemein bildenden Schulen 50 Prozent der ihnen zugewiesenen Lehrerstunden zu Geld machen. Diesen Betrag könnten sie dazu nutzen, in außerschulische Partner zu investieren und ihre Angebote an die Schulen zu holen. Das gebe auch den Musikvereinen und -schulen die Möglichkeit, die Kinder und Jugendliche über den Unterricht an der Schule hinaus an sich zu binden. „104 der 172 Ganztagsschulen nutzen diese Möglichkeit bereits“, berichtete Kern.
FDP: „Die Eltern und Kinder haben hier keine echte Wahl“
Timm Kern (FDP) kritisierte die eingeschränkte Auswahl. „Die Eltern und Kinder haben hier keine echte Wahl. Bietet die Schule ein musikalische Förderung an, ist es für sie verpflichtend und sie können sich nicht für ein anderes, außerschulisches Angebot entscheiden.
Sabine Wölfle (SPD) hält die Befürchtung, dass das Ganztagsschulkonzept den musikalischen Bildungsstrukturen im Land schaden könnte, für „spekulativ“. Sieben bis acht Stunden einschließlich Pausen dauere der Unterricht an einer Ganztagsschule. „Die Hausaufgaben werden in den Übungsstunden erledigt, nach dem Unterricht haben die Kinder und Jugendlichen eine planbare Freizeit.“ Lediglich die Schüler der G8-Gymnasien seien zu stark eingespannt, um noch außerschulische Freizeitangebote wahrzunehmen.
In Bezug auf das musikalische Bildungsangebot sprach Friedlinde Gurr-Hirsch (CDU) von einer zufriedenstellenden Bilanz. „Baden-Württemberg ist das Musikland Nummer eins. Wir haben die meisten Musikvereine, 280 aktive Blasmusiker, über 220 Musikschulen und 7600 qualifizierte Lehrkräfte.“Auch den Eltern und Kommunen liege die musikalische Bildung sehr am Herzen, weshalb die dafür anfallenden Kosten die Eltern mit 54 Prozent und die Gemeinden mit 34 Prozent trügen. Realität sei jedoch auch, dass die einkommensschwachen Kinder oftmals von den Musikangeboten ausgeschlossen seien.
Kultusminister setzt auf Ganztagsgrundschulen
Kultusminister Andreas Stoch (SPD) sieht die Lösung in der Ausweitung des Ganztagsschulkonzepts auf die Grundschulen. „Dadurch kommen alle Kinder in Kontakt mit der Musik.“ Zudem sei im neuen Bildungsplan 2016 berücksichtigt, Musik künftig wieder ab der ersten Klasse als eigenständiges Fach einzuführen. Die musikalische Frühförderung an Tageseinrichtungen wird mit „Singen – Bewegen-Sprechen“ gesichert, das seit 2012 vom ersten Kindergartenjahr allen Kindern mit zusätzlichem Sprachförderbedarf zugutekomme.
Quelle/Autor: Kirsi-Fee Rexin