Debatte über Naturschutzstrategie entzweit den Landtag
Stuttgart. Das Thema klang harmonisch. In der Aktuellen Debatte sollte sich der Stuttgarter Landtag am Donnerstag über „Heimat und Natur bewahren – die grün-rote Naturschutzstrategie“ austauschen. Doch neben sachlichen Argumenten lieferten sich Landwirtschaftsminister Alexander Bonde (Grüne) und die Sprecher der Opposition teilweise giftige Redeschlachten. Bonde warf dem FDP-Abgeordneten Friedrich Bullinger Lobbyismus und unwahre Behauptungen vor, nachdem der Liberale zuvor gesagt hatte, die Landesregierung wolle bei der Bildungsplan-Reform im kommenden Jahr das Schulfach an den Gymnasialklassen 5 und 6 zugunsten des Einheitsfaches „Naturphänomene und Technik“ abschaffen. Bonde dementierte: „Wir schaffen Biologie nicht ab.“
Auch Markus Rösler (Grüne) und Patrick Rapp (CDU) gerieten sich rhetorisch in die Haare, nachdem Rösler behauptet hatte, ihm werde zugetragen, dass Rapp gegen ein in Südbaden geplantes Biosphärengebiet sei. Rapp wiederum hatte sich am Terminus „grün-rote Naturschutzstrategie“ gestört und betont, dies sei für ihn unverständlich, da Naturschutz keine politische Frage habe
Dennoch wurde auch sachlich diskutiert. Bonde verwies auf die „Verpflichtung“ im Naturschutz, damit „unsere Kinder auch noch seltene Tiere und Pflanzen sehen“ können. Die Naturschutz-Strategie sei nach Ansicht des NABU Deutschland vorbildlich und bekomme auch Lob vom Bundesumweltministerium. Es sei eine große Vorarbeit notwendig gewesen, auch die nationale Strategie sei integriert worden. Der Minister wies auch auf die auf 60 Millionen Euro verdoppelten Mittel für den Naturschutz hin. Zudem sei die Zahl der Landschaftserhaltungsverbände von sechs auf 26 ausgebaut worden. „Biologische Vielfalt ist das Netz des Lebens“, stellte Bonde fest, Naturschutz stehe im Zentrum Landespolitik.
Grünen-Motto lautet „sowohl als auch“ und nicht „entweder oder“
Rösler betonte, Grün-Rot stehe zu der auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) geforderte fünfprozentige Wald-Wildnis an der Fläche der Bundesrepublik. Ein Baustein in der Naturschutz-Konzeption sei der Nationalpark Nordschwarzwald, Grün-Rot verbinde Ökonomie und Ökologie. Im Naturschutz müsse „sowohl als auch“ als Motto gelten und nicht „entweder oder“. Schließlich würden viele Kinder mehr Automarken als Namen von Tieren oder Pflanzen kennen.
Auch Gabi Rolland (SPD) erklärte, die Naturschutz-Strategie richte sich an alle Baden-Württemberg und Gäste des Landes. Der Bestand von Tieren und Pflanzen nehme ab, bei den geschützten Arten (30 bis 40 Prozent, bei Fischen 60 Prozent) sogar besorgniserregend. Die Handlungs-Strategie mit einem „Strauß von Instrumenten“ sei das „richtige Signal“, um Natur und Landschaft zu erhalten. Für die SPD seien drei Dinge wichtig, und zwar der Nationalpark als Naturerlebnis und Schutz für die Artenvielfalt, die Landschaftspflege als „Zeugnisse unserer Lebensart“ und der Wildwegeplan, um Korridore für Auerhahn, Wildkatze und Luchs zu schaffen.
„Intelligenter Naturschutz lebt vom Wollen“
Naturschutz sei Bestandteil unserer Gesellschaft und ein Konsensthema für die CDU, konstatierte Rapp. Allerdings sei die Strategie kein Novum, vielmehr eine Weiterentwicklung der von der Vorgänger-Regierung 1989, 1999 und 2011 eingeleiteten Maßnahmen. Der CDU-Abgeordnete forderte Grün-Rot auf, die Menschen beim Naturschutz mitzunehmen, mit Überstülpen sei er im Südwesten nicht umsetzbar. „Intelligenter Naturschutz lebt vom Wollen“, sagte er, Verbotskultur helfe nicht weiter.
Bullinger kritisierte, die Naturschutz-Strategie sei „verspätet und unausgegoren“. Auch die seit langem angekündigte Streuobstkonzeption liege noch immer nicht vor und die Moorschutzkonzeption soll noch bis 2015 warten. Der Liberale sieht auch Zielkonflikte zwischen Naturschutz und Energiewende. Dieses zentrale Thema werde aber nur in Nebensätzen der Strategie abgehandelt. Man brauche nicht nur Vorranggebiete für Windkraft, sondern auch für den Landschaftsschutz.