Reform der Lehrerausbildung: Parteien über Umstellung auf Bachelor- und Masterstudium weitgehend einig
Stuttgart. Über die Reform der Lehrerausbildung in Baden-Württemberg und die geplante Umstellung der Lehramts-Studiengänge auf Bachelor- und Masterstudium, die laut Wissenschaftsministerin zum Wintersemester 2015/16 kommen wird, wurde im Landtag debattiert. Großen Diskussionsbedarf sahen die Vertreter der Regierungsfraktionen und der Landesregierung allerdings nicht – im Prinzip, so sagten Siegfried Lehmann (Grüne), Helen Heberer (SPD) sowie Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) und Kultusminister Andreas Stoch (SPD), sei man sich ja mit der Opposition in wesentlichen Punkten der Reform einig.
Dies Opposition reklamierte es allerdings für sich, das drohende Gespenst eines „Einheitslehrers“ für alle Schularten sowie Sekundarstufe I und II, wie es nach Ansicht von CDU und FDP im Bericht der Expertenkommission zur Reform der Lehrerausbildung vom März 2013 empfohlen worden war, abgewendet zu haben. „Wir sind froh, dass die CDU-Forderungen erfüllt wurden und der Einheitslehrer nicht kommt“, sagte die CDU-Abgeordnete Sabine Kurtz. Auch der Erhalt der Sonderpädagogik als eigenständiges Studium, eine weitere Forderung der CDU, sei beschlossen.
Kritik an Fahrplan und Kommunikation der Reformpläne
Kurtz kritisierte zudem den Fahrplan und die Kommunikation der Reformpläne. „Junge Menschen werden derzeit völlig darüber im Unklaren gelassen, wie das Studium genau ablaufen wird“, so Kurtz. „Neben den Kindern werden auch die Studierenden in diesem Land zu Versuchskaninchen.“ Noch sei vieles unklar, bemängelte Kurtz, die befürchtete, dass es einen Flaschenhals beim Übergang vom Bachelor zum Master geben werde. „Wie wird der Übergang gestaltet, wer darf weitermachen?“, fragte sie. Auch gebe es noch keine Klarheit darüber, wie es mit dem Referendariat weitergehe, wenn es kein Staatsexamen mehr gebe. „Sie lassen die Öffentlichkeit darüber im Dunkeln“, sagte sie in Richtung von Wissenschafts- und Kultusministerium. „Ihr Konzept ist nicht rund und schlüssig, es ist vieles vage und unklar.“ Grundsätzlich könne die CDU zwar mit der Umstellung auf Bachelor und Master leben. „Aber wir machen uns große Sorgen über die künftige Attraktivität des Lehrerberufs.“
Der bildungspolitische Sprecher der FDP, Timm Kern, stellte zufrieden fest, dass Grün-Rot „allem Getöse zum Trotz“ keine grundlegende Änderung der Lehrerausbildung vornehmen werde und es im Prinzip keine Abkehr von der christlich-liberalen Prüfungsordnung geben werde. „Sie sind mit Ihren hochfliegenden Plänen zur Reform grandios gescheitert – und jetzt bleiben die Änderungen denen überlassen, die sich damit auskennen“, sagte Kern. Letztlich sei es dem Widerstand der Lehrer und ihrer Verbände zu verdanken, dass es künftig keine „Einheitslehrer“ geben werde. Kern äußerte die Ansicht, die Bildungspolitik in Baden-Württemberg sei derzeit trotz eines SPD-Kultusministers eine „grüne Bildungspolitik“.
Grüne: In den Grundpositionen sind wir gar nicht so weit auseinander
Dagegen vernahm Siegfried Lehmann (Grüne) lediglich ein „aufgeregtes Grundrauschen der Opposition“, das alle bildungspolitischen Inhalte überlagere, und forderte CDU und FDP zu mehr Ehrlichkeit auf und dazu, sich von den Grabenkämpfen der vergangenen drei Jahre zu verabschieden. „In den Grundpositionen sind wir gar nicht so weit auseinander, was die Lehrerausbildung anbelangt.“ Entscheidend für die Umstellung der Lehrerausbildung auf Bachelor- und Masterstudium sei die Polyvalenz der Ausbildung. „Lehrer müssen auch die Chance haben, sich später für andere Berufsweges zu entscheiden – dieser zentrale Punkt wird durch die Reform auf den Weg gebracht“, sagte Lehmann.
Auch Helen Heberer (SPD) warf der CDU/FDP-Opposition vor, sich durch das Herumreiten auf dem „Einheitslehrer“ sachlichen Argumenten zu verschließen. Auch die SPD habe sich für den Erhalt des Studiengangs Sonderpädagogik eingesetzt. Durch die Umstellung auf Bachelor- und Masterstudium würden die Berufschancen für die Studierenden erhöht und mehr Polyvalenz und Durchlässigkeit erreicht.
Umstellung des Lehramtsstudiums zum Wintersemester 2015/16
Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) und Kultusminister Andreas Stoch (SPD) traten dem Vorwurf entgegen, dass es zwischen ihren Häusern keine Zusammenarbeit in Sachen Lehrerausbildung gebe. „Wenn es die nicht gäbe, wäre das Projekt Reform der Lehrerausbildung gefährdet“, sagte Stoch. „Das geht nur mit engem und vertrauensvollem Zusammenspiel. Ich verstehe die Kritik nicht. Lassen Sie uns die Reform gemeinsam in Angriff nehmen.“
Die Wissenschaftsministerin wie die Kritik zurück, dass es zu wenig Informationen über die Reform gebe. „Die Umstellung des Lehramtsstudiums wird zum Wintersemester 2015/16 erfolgen, im Moment erarbeiten die Arbeitsgruppen Details, die Vorgaben werden rechtzeitig mit den Hochschulen umgesetzt“, kündigte sie an. Im Sommer würden weitere Details bekannt gegeben. Künftig solle bereits im Bachelorstudium Wollen fachdidaktisches Wissen besser vermittelt werden. „Ich bin überzeugt, dass Lehrer mit der Umstellung künftig besser als heute darauf vorbereitet werden, was sie in der Schule erwartet.“ Rückenwind aus dem Bund bekomme die Landesregierung zudem mit der „Qualitätsoffensive Lehrerbildung“, für die den Ländern in den nächsten Jahren insgesamt 500 Millionen Euro zur Verfügung gestellt würden. „Ich freue mich auf diese Reform, ich bin sicher, dass sie einen großen Fortschritt bringen und Stillstand überwinden wird“, so Bauer. „Profitieren werden alle Schüler.“