Debatten im Landtag vom 29. und 30. Januar 2014

Pakt mit Kommunen zu Ganztagsschul-Ausbau als Meilenstein gelobt

Stuttgart. Als „historischen Erfolg“ und wichtigen Schritt hin zu mehr Bildungsgerechtigkeit haben die grün-roten Regierungsfraktionen und Kultusminister Andreas Stoch (SPD) die Vereinbarung mit den kommunalen Landesverbänden zum Ganztagsausbau der Grundschulen gelobt. Stoch verwies darauf, dass die Eckpunkte-Vereinbarung zum Grundschul-Ausbau bereits der dritte wegweisende Pakt sei, der von der Landesregierung gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden binnen […]

Stuttgart. Als „historischen Erfolg“ und wichtigen Schritt hin zu mehr Bildungsgerechtigkeit haben die grün-roten Regierungsfraktionen und Kultusminister Andreas Stoch (SPD) die Vereinbarung mit den kommunalen Landesverbänden zum Ganztagsausbau der Grundschulen gelobt.
Stoch verwies darauf, dass die Eckpunkte-Vereinbarung zum Grundschul-Ausbau bereits der dritte wegweisende Pakt sei, der von der Landesregierung gemeinsam mit den kommunalen Landesverbänden binnen kurzer Zeit geschlossen und auf eine verlässliche Finanzierungsgrundlage gestellt werden konnte. „Der 50-jährige Schulversuch zur Ganztagsschule in Baden-Württemberg wird damit beendet und in Gesetzesform gebracht“, sagte Stoch bei der von der SPD beantragten aktuellen Debatte im Landtag zu diesem Thema. „Diese Einigung ist für das Land eine sehr wichtige und konnte nur zustande kommen, weil beide Seiten in sehr konstruktiver und vertrauensvoller Weise die Gespräche führten und nach langen Ringen eine für beide Seiten verträglichen Kompromiss gefunden haben“, lobte Stoch die Zusammenarbeit mit Städten und Gemeinden. Zudem hätten auch die großen Wirtschaftsverbände dieser Vereinbarung applaudiert und sie als „längst überfällig“ hinsichtlich der Vereinbarkeit von Familie und Beruf bezeichnet.

Opposition spricht von Zerrbild über Ganztagsschule

Der Opposition warf dagegen Stoch vor, ein Zerrbild über die Ganztagsschule zu zeichnen und die Eltern im Land zu verunsichern. „Sie tragen Scheinprobleme und Schimären vor, die nicht verständlich sind“, sagte Stoch, „diese Diskussion um die Ganztagsschule versteht in Europa kein Mensch. Es ist gut für die Kinder und Jugendlichen und die Zukunft dieses Landes, wenn wir die Ganztagsschule schnell ausbauen.“ Zudem würden den Schulen vor Ort Budgetverantwortung übertragen, damit sie passgenaue Angebote mit außerschulischen Partnern zurechtschneidern könnten. „Für die Vereine ist die Ganztagsschule keine Gefahr, sondern eine riesige Chance“, so der Kultusminister weiter.
Auch Stefan Fulst-Blei (SPD) und Sandra Boser (Grüne) stellten heraus, dass die Vereinbarung die Bildungsgerechtigkeit erhöhe und die Bildungschancen von der sozialen Herkunft abkoppele. „Grün-Rot erweist sich als ein zuverlässigerer Partner für die Kommunen, als es Schwarz-Gelb je war“, sagte Fulst-Blei, die Kommunen hätten nun die gewünschte Planungs- und Finanzierungssicherheit. Das Ganztagsschulkonzept komme aber nicht nur einem Wunsch der Kommunen nach, sondern auch der Eltern.
Fulst-Blei nannte den Pakt nach den Eckpunkten zur regionalen Schulentwicklung und der Einigung mit den Privatschulen bereits den dritten „bemerkenswerten Erfolg“ des Kultusministers. Der Ausbau der Grundschulen zu Ganztagsschulen könne zudem als Blaupause für den weiteren Ganztagsschul-Ausbau im Sekundarbereich herhalten. 

Ausbau bei weiterführenden Schulen derzeit nicht finanzierbar

„Was Sie nicht geschafft haben, holen wir jetzt nach“, sagte auch Boser Richtung Opposition. „Wir schaffen nach den Gemeinschaftsschulen gesetzliche Grundlagen auch für die Grundschulen.“ Boser nannte auch den Ausbau der weiterführenden Schulen als wichtiges Projekt. „Im Moment ist das aber finanziell nicht möglich, es bleibt aber ein Thema.“ Die Ganztagsschule sei ein wichtiges Mittel, um das Bildungssystem in Baden-Württemberg von der sozialen Herkunft der Kinder zu entkoppeln. Für die Landesregierung sei der Pakt ein wichtiger Erfolg. „Wir sind nah dran an Städten und Gemeinden, wollen diesen Pakt auch in anderen Bereichen fortsetzen.“
Für die CDU-Fraktion nannte Georg Wacker die Vereinbarung zumindest einen kleinen Erfolg. „Inhaltlich sind wir uns einige – die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die bessere individuelle Förderung – das ist alles gut und richtig.“ Dagegen tue sich in Sachen Inklusion nichts, die Lehrer-Stellenplanung sei offen, die gesamte Schullandschaft werde  umgekrempelt – „vor diesem Hintergrund braucht die Landesregierung eine eine kleine Erfolgsmeldung“, so Wacker. Allerdings sei es falsch, dass Schwarz-Gelb nichts in Sachen Ganztagsschulen getan habe. Wacker rechnete der Landesregierung vor, dass zwischen 2002 und 2010 landesweit bereits 1115 Ganztagesschulen im Land etabliert worden seien. „Ihr Ausbautempo in den nächsten Jahren unterscheidet sich nicht wesentlich vom alten.“ Allerdings könne Grün-Rot jetzt auf die bewährten Erfahrungen von früher zurückgreifen und darauf aufbauend ihr Ganztagsschulkonzept entwickeln. „Wir haben großen Anteil daran“, reklamierte Wacker für seine Partei.

CDU-Kritik: Bloß Gemeinschaftsschule als weiterführende Schule mit Ganztagsausbau

Wacker kritisierte allerdings, dass die Gemeinschaftsschule als einzige weiterführende Schule einen Rechtsanspruch auf Ganztagesausbau habe und damit gegenüber den anderen Schularten privilegiert werde. „Lassen Sie die Realschulen nicht außen vor“, forderte er.
Auch die Liberalen sehen eigene Ideen in der Vereinbarung umgesetzt. „Es freut mich, dass wir hier auf unsere Initiative einen guten Schritt vorangekommen sind“, sagte der bildungspolitische Sprecher der FDP, Timm Kern. Zum wiederholten Mal forderte Kern allerdings eine „offene Ganztagsschule“, die den Eltern die Wahl überlasse. „Diese Konzeption atmet keinen liberalen, freien Geist“, sagte Kern, „sie gefährdet die Respektierung des Elternwillens.“

Quelle/Autor: Ulrike Bäuerlein

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29. und 30. Januar 2014