CDU fordert Konzept für Inklusion
Stuttgart. Gerade eineinhalb Monate nach der letzten Landtagsdebatte zur Inklusion – damals von der FDP beantragt – folgte an diesem Mittwoch auf Antrag der CDU-Fraktion ein erneuter Schlagabtausch zwischen den Fraktionen. Die Debatte stützte sich auf eine Landtagsanfrage der Christdemokraten vom Mai des vergangenen Jahres.
Monika Stolz (CDU) forderte von der Landesregierung ein pädagogisches Konzept für die Umsetzung der Inklusion an Schulen und effektive Verfahrenswege. So zeigten etwa die Erfahrungen aus den Modellregionen, dass die zugewiesenen Lehrerstunden zum Teil nicht ausreichten. „Beim Thema Inklusion kann im Zeugnis der Landesregierung nur stehen: Ehrgeiz und Tun ungenügend, glatte Sechs“, so Stolz.
Dem widersprach Thomas Poreski (Grüne): Mit der Gemeinschaftsschule sei erstmals in Baden-Württemberg ein inklusiver Schultyp im Schulgesetz verankert worden. Nach Angaben des Kultusministeriums werden derzeit 1600 Schüler in Baden-Württemberg inklusiv unterrichtet, rund 650 davon an Gemeinschaftsschulen. Poreski wies aber auch darauf hin, dass der Umbau des Regelschulsystems zur Inklusion Zeit brauche.
Sonderpädagogische Kompetenz in allen Schularten notwendig
Die Stirumschule in Bruchsal, eine Grund- und Werkrealschule, hat sich bereits auf den Weg zu gemeinsamem Unterricht von Schülern mit und ohne Behinderung gemacht. Derzeit werden hier drei Klassen der Förderschule in den Klassenstufen eins und zwei in Außenklassen zieldifferent unterrichtet.
Im ersten Jahr fand der gemeinsame Unterricht vor allem in Sport, Musik und Kunst statt. Nun wurde er zum Teil auf Sach- und Kernfächer ausgedehnt. Beim Schulbesuch von Kultusminister Andreas Stoch (SPD) Ende November wurde deutlich: Der gemeinsame Unterricht war für beide Schulen eine Herausforderung. Es bestanden auch viele Ängste.
Darüber hinaus wurde schnell klar: Inklusion funktioniert nicht ohne sonderpädagogische Kompetenz. Eine inklusiv ausgerichtete Lehrerausbildung und gute Fortbildungsangebote sind unverzichtbar, machte deshalb Poreski deutlich. Sonderschulen sollten zu sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren ausgebaut werden.
„Wir werden mit Bedacht vorgehen. Erste Schritte in die richtige Richtung sind bereits getan“, sagt Klaus Käppeler (SPD). So werde Inklusion Teil der Lehrerausbildung für alle Schularten. Auch die Sonderschulen würden erhalten. Mit jeder neuen Gemeinschaftsschule komme eine weitere inklusive Schule dazu. „Hier wächst etwas, was sie alleine mit einem Gesetz nicht anordnen können: Verständnis und Toleranz“, so Käppeler.
Es sei notwendig, an den Regelschulen Inklusionsangebote einzurichten und gleichzeitig die Sonderschulen nicht ins Hintertreffen geraten zu lassen, forderte Timm Kern (FDP). Seine Fraktion hatte einen Antrag auf Einrichtung einer interfraktionellen Arbeitsgruppe zum Thema Inklusion gestellt, der im Landtag abgelehnt wurde.
Schulgesetz soll zum kommenden Schuljahr geändert werden
Kultusminister Stoch will in den kommenden Wochen Eckpunkte zur Inklusion vorlegen. Damit sollen Schulen und Schulverwaltung Leitlinien für die Umsetzung erhalten. Dabei gehe es unter anderem um Fragen der personellen Ausstattung einer inklusiven Schule und die Organisation durch die staatlichen Schulämter. Das Schulgesetz soll zum Schuljahr 2015/16 geändert werden.
„Sorgfalt ist hier ein wichtiger Ratgeber“, sagte Stoch mit Hinweis auf Erfahrungen aus anderen Bundesländern, wo sich Lehrer überfordert fühlten, Eltern verunsichert seien. Nichts könne dem Thema mehr schaden, als wenn ein Wahlrecht suggeriert würde und dieses nicht eingehalten werden könne, erläuterte Stoch. Bereits heute werde aber in Baden-Württemberg alles getan, dass ein Kind, dessen Eltern einen Inklusionswunsch hätten, abgewiesen werden müsse.