FDP scheitert mit Gesetzentwurf zur Ganztagsschule
Stuttgart. Die FDP-Fraktion im Landtag ist erwartungsgemäß mit ihrem Gesetzentwurf der Verankerung der Ganztagsschule im Schulgesetz gescheitert. In zweiter Lesung lehnten die Abgeordneten von Grünen und SPD am Mittwoch die Initiative der Liberalen ab, mit der die Schulträger das Recht erhalten sollten, ohne Zustimmung der Schulbehörden offene Ganztagsschulen einzurichten und so den Eltern mehr Wahlfreiheit zu ermöglichen.
Zwar bestehe aufgrund der Versäumnisse der Vorgänger-Regierungen ein „ganz erheblicher Aufholbedarf“, aber die Ganztagsschule dürfe nicht nur auf die Themen Betreuung und Vereinbarkeit von Familie und Beruf reduziert werden, begründete Kultusminister Andreas Stoch (SPD) die Ablehnung. Es reiche nicht nur noch offenen Konzepten zu rufen. Der Minister verwies gleichzeitig auf das Abkommen der Landesregierung mit den kommunalen Landesverbänden über die Einrichtung und Finanzierung von Ganztagsschulen im Grundschulbereich. Es wäre ihm am allerliebsten, in allen Schulen für einen intensiven Ganztagsschulausbau zu sorgen. Aber Grün-rot müsse „schlicht und einfach Prioritäten setzen“. Deshalb habe man, auch aus finanz- und haushaltspolitischen Gründen, die Priorität auf die Grundschulen gelegt.
FDP begründet Gesetzentwurf mit einem besseren Wahlrecht der Eltern
Timm Kern (FDP) hatte den Gesetzentwurf auch mit einem besseren Wahlrecht der Eltern begründet. Diese sollten selbst entscheiden können, ob sie ihr Kind „für den halben oder den ganzen Tag“ in die Schule schicken möchten. Durch die Verankerung im Schulgesetz könne man auch das Ganztagsangebot an freien Schulen berücksichtigen.
Die CDU unterstützte den FDP-Antrag, um, wie es Georg Wacker formulierte, damit „ein wichtiges Signal“ zu setzen. Baden-Württemberg stehe allerdings bei den Ganztagsschulen nicht bei Null. Zwischen 2002 und 2010 seien im Südwesten 1115 neue Ganztagsschulen entstanden, erklärte der frühere Kultus-Staatssekretär. Gemessen an den 1391 neuen Ganztagsschulen, die Grün-Rot im Rahmen der Vereinbarung mit den Kommunen bis 2023 schaffen möchte, unterscheide sich das Ausbautempo der Regierungen nicht wesentlich. Er bemängelte, dass im Abkommen mit den kommunalen Landesverbänden „in keinem Satz“ die weiterführenden Schularten erwähnt wurden. Junge Menschen mit pädagogischem Förderbedarf und die Vereinbarkeit von Familie und Beruf habe man auch bei Schülern ab der 5. Klasse, erklärte Wacker.
Grüne: FDP-Entwurf fehlen wesentliche Elemente
Dem FDP-Entwurf fehlten wesentliche Elemente der Ausgestaltung und der Rahmenbedingungen, kritisierte Sandra Boser (Grüne). Ein rhythmisierter Ablauf des Unterrichts führe zu mehr Bildungsgerechtigkeit, Förder- und Stützangebote müssten wie die Einbeziehung außerschulischer Partner Teil des normalen Unterrichts und Teil der Schule werden, sagte Boser. Auch die Grünen stellen „klar das Elternwahlrecht in den Vordergrund“, weshalb derzeit ein eigener Gesetzentwurf erarbeitet wird; Boser wagte auch in Richtung Opposition eine viel versprechende Prognose: Am Ende der Legislatur werde Grün-Rot „genau die Ergebnisse liefern, die Sie 57 Jahre lang nicht geliefert haben.“
Auch Klaus Käppeler (SPD) attackierte CDU und FDP. Die Vorgängerregierung hätte doch Anfang dieses Jahrhunderts „am liebsten das Geld der SPD geführten Bundesregierung“ in Höhe von 500 Millionen Euro für die Ganztagsbetreuung gar nicht angenommen. Heute nun scheine die Opposition zumindest die politische Notwendigkeit des Ganztagsschulausbaus erkannt zu haben. Grün-Rot werde durch die neue Vereinbarung die teilweise 45 Jahre langen Schulversuche beenden, die Ausstattung der Schulen verbessern und auch kleinen Schulen ermöglichen, eine Ganztagsbetreuung anzubieten.