Opposition verweigert SWR-Staatsvertrag die Zustimmung
Stuttgart. Erstmals in der Geschichte des Südwestrundfunks (SWR) gab es beim Staatsvertrag über die länderübergreifende Medienanstalt zwischen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz kein einmütiges Votum des Landtags. Die Oppositionsfraktionen von CDU und FDP verweigerten am Mittwoch dem am 3. Juli von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und seiner rheinland-pfälzischen Kollegin Malu Dreyer (SPD) unterzeichneten Staatsvertrag über den SWR ihre Zustimmung.
Der Staatsvertrag kann allerdings im kommenden Jahr in Kraft treten, da die Regierungsfraktionen von Grünen und SPD den Gesetzentwurf in zweiter Lesung billigten. Mit einem Antrag hatte die CDU zu Beginn der Landtagssitzung versucht, die zweite Lesung von der Tagesordnung abzusetzen und „mit Respekt vor dem Bundesverfassungsgericht“ das Urteil des höchsten deutschen Gerichts zur einer Klage über Gremien des ZDF abzuwarten. Das Ansinnen der CDU sei „nicht glaubhaft und ernst gemeint“ und die CDU „spiele auf Zeit“ konterte Grün-Rot und lehnte den Antrag ab.
Staatsministerin Silke Krebs (Grüne) wies in der Aussprach darauf hin, dass sich die Landesregierung intensiv darum bemüht habe, die Novellierung des SWR-Staatsvertrags mit der Entscheidungsfindung des Bundesverfassungsgerichts hinsichtlich der geforderten Staatsferne im öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Einklang zu bringen. Der SWR sei interessiert, die mit dem Staatsvertrag mögliche Flexibilisierung möglichst bald zu nutzen. Dies auch, da der SWR dringend auf eine finanzielle Konsolidierung angewiesen sei und sparen müsse. Zudem hätten Änderungen bedingt, dass das Verfahren mit Rheinland-Pfalz wieder von vorne hätten losgehen müssen. „Für den SWR hätte dies eine Verzögerung von einem Jahr bedeutet“, erklärte Krebs.
Die Staatsministerin wies darauf hin, dass die gesamte Novellierung transparent und öffentlich erfolgt sei. Nach früheren Aussagen von Krebs bleibe der SWR ein regional verankerter Sender und alle drei Standorte Stuttgart, Baden-Baden und Mainz blieben erhalten. Eckpunkte der Novellierung sind laut Krebs die gemeinsam gefundene neue Quotierungsregelung in den Gremien, ein freierer Organisationsrahmen für den SWR, die Stärkung der Mitarbeiterrechte, die Einführung eines Redaktionsstatuts, die Anpassung der Gremienbesetzung und damit den Rückzug der Landesregierung aus dem Rundfunkrat sowie eine klarere Trennung der Aufgaben von Rundfunkrat und Verwaltungsrat.
Krebs: CDU-Vertreter in Rundfunkgremien haben Änderungen zugestimmt
Zudem werde mit der gleichzeitigen Änderung medienrechtlicher Vorschriften die Vergabe der UKW-Frequenzen an private Anbieter von acht auf zehn Jahren verlängert. Dies erleichtere die Planung für private Anbieter. Die ablehnende Haltung der CDU zum Staatsvertrag stieß bei der Ministerin auf Unverständnis, da die Opposition im Dialog eingebunden gewesen sei und die CDU-Vertreter in den Rundfunkgremien den Änderungen zugestimmt hätten. Die neue Zusammensetzung der SWR-Gremien Rundfunk- und Verwaltungsrat sei sehr sorgfältig gemacht worden. Außerdem hätten die SWR-Gremien ohne Gegenstimmen den Vertrag begrüßt.
Helmut Rau (CDU) blieb jedoch bei seiner Meinung, wonach der Staatsvertrag hätte „besser und zukunftsfähiger“ gestaltet werden können. Er greife massiv in die Zusammensetzung der Räte ein und erlaube es Grün-Rot, diese mit politisch Wohlgesonnenen zu besetzen. Der Rundfunkrat verliere an Einfluss. Zudem blamiere sich die Landesregierung bei der Fusion der erfolgreichen SWR-Sinfonieorchester. Die CDU sieht Klientelpoltik und grün-rote Einfärbung bei der Besetzung von Posten im Rundfunkrat.
Goll: Bewahrung des kulturellen Erbes sieht anders aus
„Wir wollen nicht in die politische Mithaftung gehen“, begründete Ulrich Goll (FDP) die Ablehnung der Liberalen. Am Beispiel der Besetzung des Rundfunkrates, wo der Vertreter der Muslime künftig den Vertreter der Freikirche ersetzt, sagte Goll: „Die Bewahrung des kulturellen Erbes sieht anders aus.“ Auch die Quotenregelung lehnte er ab. Die FDP wolle die Gängelung nicht mitmachen, wenn für fünf Organisation nur vier Sitze zur Verfügung stünden und zwei Sitze mit Frauen besetzt werden müssten.
Dagegen begrüßten Alexander Salomon (Grüne) und Sascha Binder (SPD) den Staatsvertrag. Die Gesellschaft müsse im Rundfunkrat abgebildet sein, widersprach Salomon. Angst vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zeigte er nicht: „Aus unserer Sicht wird alles Bestand haben.“ Die Haltung der CDU könne er nicht verstehen, schließlich sei auch SWR-Intendant Peter Boudgust für mehr Mitbestimmung. Außerdem muss nach Ansicht von Salomon ein SWR-Jugendkanal kommen.
Binder erklärte, mit dem Redaktionsstatut soll kritischer Journalismus gefördert und nicht eingegrenzt werden. Die Fusion der Orchester sei vom Verwaltungsrat einstimmig beschlossen worden. Die Landesregierung sei die erste in Deutschland, die sich aus dem Rundfunkrat zurückziehe, ohne vom Bundesverfassungsgericht herausgedrängt worden zu sein. Außerdem müsse zwischen Staatsferne und Politikferne unterschieden werden. Ein „grün-roter Farbtopf“ habe bei der Gremienzusammensetzung, wie von der CDU gemutmaßt, keine Rolle gespielt.