FDP legt Gesetzentwurf zum Ausbau von Ganztagsschulen vor
Stuttgart. Einen Gesetzentwurf zur Stärkung und differenzierten Ausgestaltung von Ganztagsschulen in Baden-Württemberg hat die FDP-Landtagsfraktion dem Parlament vorgelegt. Ziel des Entwurfs ist es, Ganztagssschulen – soweit es keine Gemeinschaftsschulen sind – in offener wie auch in gebundener Form im Schulgesetz dauerhaft zu verankern, statt sie wie bisher über Jahre hinweg als Schulversuch zu führen.
Zudem sollen Zuständigkeiten und Kompetenzen von Land, Kommunen und Schulen bei der Einrichtung von neuen Ganztagesschulen neu geregelt werden. Timm Kern, bildungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, warb bei der ersten Lesung des Gesetzentwurfs unter den Landtagsfraktionen um Zustimmung. „Nach unserer Auffassung darf der weitere Ausbau der Ganztagsschulen nicht in den Dienst ideologischer Interessen gestellt werden, indem eine bestimmte Schulart Vorrang bei der Einrichtung erhält“, sagte Kern. „Nach unserer Auffassung sollen alle Schulen das Recht haben, ein Ganztagesangebot anzubieten, wenn sie dies wollen.“
Gesetzentwurf differenziter zwischen offener und gebundener Ganztagsschule
Der FDP-Gesetzentwurf differenziert zwischen der offenen und gebundenen Form der Ganztagsschulen. Nach FDP-Vorstellungen soll der Schulträger künftig über die Einrichtung einer offenen Ganztagsschule selbstständig entscheiden können, soweit gewisse Vorgaben erfüllt sind. Für die gebundene Form ist auch die Zustimmung der obersten Schulbehörde vorgesehen. „Die Freiheit der Verantwortlichen vor Ort bei der Ausgestaltung des Schulangebots muss gestärkt werden“, sagte Kern.
Zustimmung erntete Kern für den Gesetzentwurf bei der CDU-Fraktion. Der Abgeordnete Georg Wacker signalisierte die Unterstützung seiner Fraktion für den Gesetzentwurf. „Auch wir wollen ein flächendeckendes, bedarfsgerechtes Angebot von Ganztagsschulen“, sagte der CDU-Abgeordnete. Die Wahlfreiheit der Eltern habe für seine Partei allerdings besonderen Stellenwert. „Über die verschiedenen Angebote vor Ort sollte auch vor Ort nachgedacht werden“, so Wacker, der damit den FDP-Ansatz unterstütze, den Kommunen mehr Entscheidungsfreiheit zu geben.
Regierungsfraktionen: Nicht vom Konzept überzeugt
Für die Regierungsfraktionen begrüßten Sandra Boser (Grüne) und Stefan Fulst-Blei (SPD) zwar gleichermaßen die Ausarbeitung des Gesetzentwurfes durch die FDP, da er Einigkeit über die Notwendigkeit von Ganztagsschulen signalisiere. „Wir sind aber nicht von dem Konzept überzeugt“, sagte Boser. Ähnlich äußerte sich Fulst-Blei: „Der Gesetzentwurf ist unausgegoren“, sagte er, die zugrunde liegenden Zahlen widersprächen sämtlichen Entwürfen von Praktikern. „Sie wecken hohe Erwartungen ohne eine solide Gegenfinanzierung – das ist typisch für Sie“, sagte Fulst-Blei.
Auch Kultusminister Andreas Stoch (SPD) dankte er FDP für den Gesetzentwurf. Die Wortbeiträge von Wacker und Kern zeigten, dass mittlerweile im Landtag parteiübergreifend ein grundsätzlicher Konsens über Ganztagsschulen bestehe. „Wir müssen davon wegkommen, Ganztagsschulen als eine Schulform für besondere soziale Brennpunkte zu sehen“, sagte Stoch. Vielmehr seien die Schulen für alle Kinder und Jugendlichen ein wertvolles Element für mehr Bildungsgerechtigkeit und ein wichtiger Beitrag zur Entkoppelung von sozialer Herkunft und Bildungserfolg.
Dass die FDP ein Zeichen für deren Ausbau setze, seit ein Beleg dafür, dass auch die FDP das Thema Bildungsgerechtigkeit deutlicher in den Focus genommen habe, nachdem die Union in ihren langen Regierungsjahren den Ausbau versäumt habe, so Stoch. Dennoch sei sich die Landesregierung mit den kommunalen Landesverbänden einig darüber, beim Ausbau der Ganztagesschulen zunächst die Grundschulen in den Mittelpunkt zu stellen. Zudem sei das Konzept der FDP pädagogisch nicht durchdacht und finanziell nicht tragbar, sagte Stoch. Der Gesetzentwurf wurde zur weiteren Beratung in den Kultusausschuss verwiesen.