Debatten im Landtag vom 19. und 20. Juni 2013

Streit über zeitnahe Anhebung der Beamtenbezüge

Stuttgart. Die Diskussionen über eine zeitnahe Übernahme der Besoldungserhöhung für die Landesbeamten sind neu entflammt: In der ersten Lesung seines Gesetzentwurfes verteidigte Finanzminister Nils Schmid (SPD) am Donnerstag die Vorlage als „sachgerechten und fairen Kompromiss”. Das Land übernehme die Besoldungserhöhung „inhaltsgleich und mit einer sozialen Komponente”. Der Entwurf der Landesregierung sieht vor, dass der Tarifabschluss […]

Stuttgart. Die Diskussionen über eine zeitnahe Übernahme der Besoldungserhöhung für die Landesbeamten sind neu entflammt: In der ersten Lesung seines Gesetzentwurfes verteidigte Finanzminister Nils Schmid (SPD) am Donnerstag die Vorlage als „sachgerechten und fairen Kompromiss”. Das Land übernehme die Besoldungserhöhung „inhaltsgleich und mit einer sozialen Komponente”.
Der Entwurf der Landesregierung sieht vor, dass der Tarifabschluss im öffentlichen Dienst in Höhe von 5,6 Prozent für dieses und nächstes Jahr auf die Beamten übertragen wird – allerdings müssen die Staatsdiener, je nach Besoldungsgruppe, eine Verzögerung zwischen sechs und zwölf Monaten hinnehmen. Damit würden die Beamten an der allgemeinen Einkommens-Entwicklung beteiligt, konstatierte Schmid. Angesichts eines strukturellen Defizits von 2,5 Milliarden Euro habe sich Grün-Rot die Entscheidung nicht leicht gemacht.
Wie zuvor schon die Gewerkschaften forderte auch Klaus Herrmann (CDU) in der Aussprache, den Abschluss zeit- und inhaltsgleich auf die Beamten zu übertragen. „Die Grünen wollten schon immer den Beamten an den Geldbeutel”, warf er der Partei von Ministerpräsident Winfried Kretschmann vor. Grün-Rot ziehe die Beamten einseitig heran, um Spielräume im allgemeinen Haushalt zu haben. Andere Länder wie Bayern oder Hessen würden die Besoldungserhöhung zeitgleich vornehmen, Baden-Württemberg dagegen „so spät wie noch nie”. Der CDU-Finanzexperte musste jedoch zugeben, dass auch die früheren CDU-Regierungen mehrfach die Anpassung verschoben haben. Die Beamten hätten in der Vergangenheit schon erhebliche Opfer gebracht – so durch die Streichung des Urlaubs- und die Kürzung des Weihnachtsgeldes.

Rülke: "Ein Konsens mit der Beamtenschaft ist notwendig"

FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke forderte die Landesregierung auf, sich mit dem Beamtenbund zu einigen. Kritik an der Verschiebung der Besoldungserhöhung äußerte er nicht; eine zeitlich verzögerte Tarifübertragung könne vertretbar sein. Dafür sei aber ein Konsens mit der Beamtenschaft notwendig. Als „krassen Fehler” bezeichnete Rülke die Senkung der Besoldung bei neu eingestellten Beamten; seine Fraktion werde bei den Beratungen des Gesetzentwurfes im Ausschuss beantragen, dies rückwirkend aufzuheben. Die CDU wird beantragen, für die knapp 1000 Beamten in den untersten Besoldungsgruppen A1 bis A4 die Erhöhung sofort zu gewähren.
Muhterem Aras (Grüne) und Klaus Maier (SPD) lobten das Vorgehen der Regierung. Die Beamten würden nicht abgerkoppelt, sagte die Grünen-Abgeordnete. Auch die CDU habe in den vergangenen 22 Jahren Regierungszeit nur sechsmal zeit- und inhaltsgleich die Besoldungserhöhungen übernommen. Außerdem rechnete sie vor, dass eine zeitnahe Übernahme die Haushalte in der Legislatur um 1,5 Milliarden Mehrkosten belasten würde. Maier erinnerte an den Personalkosten von 44 Prozent Anteil am Etat. Er verwies auch auf die Vorteile der Beamten durch sicheren Arbeitsplatz, keine Kurzarbeit und einer Pension von 71 Prozent des letzten Gehalts. Auch Pensionäre würden vom Land besser gestellt als die normalen Rentner.
Minister Schmid erklärte, das Besoldungsplus erfordere vom Land Mehrkosten in diesem Jahr von rund 29,6 Millionen Euro im Vergleich zu 2012. 2014 müssen dann 345,4 Millionen und 2015 sogar 663,4 Millionen Euro im Vergleich zu 2012 aufgebracht werden. Die Mehrkosten bei den Kommunen betragen 4,6 Millionen (2013), 53,5 Millionen (2014) und 102,8 Millionen Euro (2015).

Kretschmann ist mit der Nullrunde bei der SPD gescheitert

Ministerpräsident Kretschmann hatte wegen der finanziellen Lage des Landes zunächst eine Nullrunde erwogen, scheiterte damit aber bei der SPD. Nun wird die Erhöhung der Bezüge für die 56 000 Beamten der Gruppen A5 bis A9 zum 1. Juli, für die 21 000 Beamten der Gruppen A10 und A11 zum 1. Oktober und für die 120 000 Beamten der übrigen Besoldungsgruppen zum 1. Januar 2014 wirksam. In einem zweiten Schritt werden Besoldung und Versorgung im kommenden Jahr – wieder zu drei Terminen – um weitere 2,75 Prozent erhöht.  

Quelle/Autor: Wolf Günthner

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19. und 20. Juni 2013