Debatten im Landtag vom 19. und 20. Juni 2013

FDP lässt bei Schuldenbremse nicht locker

Stuttgart. Bei der Verankerung der Schuldenbremse in der Landesverfassung lässt die FDP-Fraktion nicht locker. Die Gruppe der sieben Abgeordneten brachte am Mittwoch erneut einen entsprechenden Gesetzentwurf in Landtag ein, den die Opposition wieder zu scharfen Angriffen gegen die Finanzpolitik der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen nutzte. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke begründete den zweiten Vorstoß mit dem […]

Stuttgart. Bei der Verankerung der Schuldenbremse in der Landesverfassung lässt die FDP-Fraktion nicht locker. Die Gruppe der sieben Abgeordneten brachte am Mittwoch erneut einen entsprechenden Gesetzentwurf in Landtag ein, den die Opposition wieder zu scharfen Angriffen gegen die Finanzpolitik der Landesregierung und der sie tragenden Fraktionen nutzte.
FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke begründete den zweiten Vorstoß mit dem Ziel, die Landesregierung endlich zur fiskalischen Vernunft zu bringen. Dies soll nach Ansicht der Liberalen mit dem Gesetz geschehen, das die Aufnahme zusätzlicher Kredite nur noch längstens bis 2016 erlauben würde. Abgeordnete der Grünen und der SPD sowie Finanz-Staatssekretär Ingo Rust (SPD) lehnten den Entwurf in erster Lesung ab, so dass dieser auch nach der weiteren Beratung im Ausschuss für Finanzen und Wirtschaft und im Ständigen Ausschuss chancenlos ist.
Rülke kritisierte die von Grün-Rot vorgenommene „Aufblähung” der Haushalte 2011 bis 2013 mit Steigerungen von 5,2, 5,7 und 4,8 Prozent. Natürlich könnte dies nicht in kürzester Zeit rückgängig gemacht werden, räumte der FDP-Fraktionschef ein; deshalb sei 2016 als Zieljahr für das Verbot zusätzlicher Kredite gewählt worden. Der erste Gesetzentwurf der FDP vom Herbst 2011 sah bereits eine Schuldenbremse in der Verfassung zum 1. Januar 2012 vor. Man wolle einen Konsens nicht nur mit der CDU, sondern auch mit den Regierungsfraktionen, begründete der Liberale das Vorgehen.

Rülke kritisiert Ausgaben der Landesregierung

Danach hielt er Grün-Rot vor, auf 170 Millionen Euro an Studiengebühren zu verzichten, die Lebensarbeitszeitkonten und das Stellenabbauprogramm gestoppt zu haben, im Stellenrausch hunderte neue Stellen geschaffen und das Prestigeprojekt Gemeinschaftsschule chronisch bevorzugt und finanziell ausgestattet zu haben. Außerdem kritisierte Rülke die unausgewogene Polizeireform, die unsinnige Doppelstrukturen von G8 und G9, 100 Millionen und mehr für den Nationalpark auszugeben, den die Leute vor Ort nicht wollten, und unter dem Signum einer neuen Beteiligungskultur viel Geld auszugeben. 
Auch Klaus Herrmann (CDU) schlug in dieselbe Kerbe. Grün-Rot habe die Ausgaben deutlich erhöht und den Haushalt aufgebläht – 2,5 Milliarden Euro Defizit sei das Ergebnis. Er warf den Regierungsfraktionen vor, die Schuldenbremse aus der Landeshaushaltsordnung gestrichen zu haben, weil der Haushalt sonst nicht gesetzeskonform wäre. Herrmann erinnerte daran, dass der Bund ab 2016 keine neuen Schulden mehr aufnehmen darf, dies sogar schon 2014 erreiche. Die Verlängerung der Schuldenbremse bis ins Jahr 2020 sei für Länder vorgesehen, die nicht so gut dastehen wie Baden-Württemberg. Das Land habe einen Überschuss von mehr als einer Milliarde Euro, dieser müsse genutzt werden, um das Defizit zu verringern. Grün-Rot sei sich nicht einig darüber, wie die Sparvorgaben auf die Ressorts aufgeteilt werden sollen und wie sie die Zusatzwünsche berücksichtigen.

Rust: Landesrergiung hat strukturelle Defizitlücke für 2013 und 2014 gesenkt

Ingo Rust reagierte gelassen. Die Regierung habe für 2013 und 2014 die strukturelle Defizitlücke schon von 2,5 Milliarden Euro auf 1,7 bzw. 1,5 Milliarden Euro senken können. Er sah im FDP-Entwurf verblüffende Ähnlichkeiten mit dem Referenten-Entwurf des Finanz- und Wirtschaftsministeriums, warf der Opposition aber vor, es mit dem Sparen selbst nicht so ernst zu nehmen. So sei die von der CDU geforderte 1:1-Übernahme des Tarifergebnisses nicht mit Haushaltsresten finanzierbar. Auch für mehr Lehrerstellen lägen von der Opposition keine Vorschläge zur Gegenfinanzierung vor.
Der Finanz-Staatssekretär sagte, das Land wolle den Haushalt strukturell auf gesunde Füße stellen, aber nicht kaputtsparen. Außerdem habe sich Vorsicht bewährt, wie die Steuerschätzung vom Mai beweist, nachdem für dieses Jahr Mindereinnahmen von 58 Millionen Euro prognostiziert sind. Die Regierung erarbeite gerade eine Leitlinie, die Finanzplanung 2013 bis 2020 – „eine Planung, die über die mittelfristige Finanzplanung hinausgeht und einen Abbauplan definiert”. Sie wurde bereits in den Fraktionen beraten. „Das geht nur mit einem Abbaupfad, der neben allen Konsolidierungsmaßnahmen auch noch eine Verschuldung in der Größenordnung von 6,4 Milliarden Euro vorsieht”, berichtete Rust.
Muhterem Aras (Grüne) schlug schärfer zurück. Das Land zahle allein 1,9 Milliarden Euro an Zinsen jährlich, die CDU und FDP hinterlassen haben, kritisierte die Grüne. „Ohne ihre Zinslasten müssten wir gar keine Kredite aufnehmen”, sagte Aras. Klaus Maier (SPD) hielt der CDU vor, in 58 Jahren Regierungszeit nur zwei Jahre ohne neue Schulden geschultert zu haben. „Grün-Rot blieb in zwei ihrer drei Jahre Regierungszeit ohne Schulden”, sagte Maier.

Quelle/Autor: Wolf Günthner

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19. und 20. Juni 2013