Gekürzter EU-Agrarhaushalt schlägt in Baden-Württemberg durch
Stuttgart. Ihre Sorge um die Zukunftsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe und des ländlichen Raums in Baden-Württemberg nach der Kürzung des EU-Agrarhaushalts haben Vertreter der vier Landtagsfraktionen in Stuttgart bei einer aktuellen Debatte am Donnerstag zum Ausdruck gebracht.
„Die Brüsseler Finanzbeschlüsse schwächen die ländlichen Räume in Baden-Württemberg“, so der Titel der von den Grünen beantragten Debatte und auch der Tenor des Grünen-Abgeordneten und Landwirts Martin Hahn, der Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vorwarf, Haushaltskonsolidierung auf dem Rücken der Bauern in Baden-Württemberg zu betreiben.
Mit dem für die Finanzperiode 2014-2020 in Brüssel verabschiedeten neuen EU-Haushalt werden die Mittel für die gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU gegenüber der vorausgegangenen Finanzperiode 2007-2013 um rund 27 Milliarden Euro gekürzt. Für Baden-Württemberg bedeutet dies künftig eine Kürzung der Direktzahlungen an die Landwirte (erste Säule der GAP) um rund neun Prozent sowie eine Kürzung des EU-Etats für Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums (zweite Säule der GAP) um bis zu 20 Prozent, wie Landwirtschaftsminister Alexander Bonde (Grüne) mitteilte.
Landwirtschaftsminister gegen "Operation offener Geldbeutel"
„Die Auswirkungen der mittelfristigen Finanzplanung der EU auf unsere Bauern sind sehr negativ, das Ergebnis für den ländlichen Raum insgesamt sehr unbefriedigend. Für uns wurde von der Bundesregierung sehr schlecht verhandelt“, sagte Bonde. „Was aber nicht funktioniert, ist die Operation 'offener Geldbeutel'.“ Bonde reagierte damit auf die Forderungen von CDU und FDP, die ausfallenden Mittel soweit als möglich aus dem Landeshaushalt beziehungsweise dem Etat des Ministeriums auszugleichen. „Sie können nicht einerseits die Kanzlerin für ihr Verhandlungsergebnis in Brüssel beklatschen und dann sagen, die Landesregierung soll stattdessen bezahlen.“
Zuvor hatten die Abgeordneten Klaus Burger (CDU) und Friedrich Bullinger (FDP) die Einsparungen zwar bedauert, aber insgesamt als richtigen Kompromiss bezeichnet und die Bundeskanzlerin für das Verhandlungsergebnis in Brüssel gelobt. „Die Landesregierung hat die Chance, den Ländlichen Raum mit eigenen Mitteln zu fördern“, sagte Burger und verwies darauf, dass die Landesregierung einmalig bis zu 15 Prozent der Mittel zwischen den Säulen verschieben könne.
Bullinger fordert Bonde auf, Mittel zuzuschießen
„Es kommt darauf an, wie die Landesregierung die Mittel verteilt“, so Burger. „Grün-Rot war bisher nicht gut zu unseren bäuerlichen Familienbetrieben.“ Es liege an der Landesregierung, ob die Landwirtschaft zukunftsfähig gemacht werden könne. Auch Bullinger forderte Bonde auf, Mittel zuzuschießen. „Man darf als Ressortminister nicht sofort sagen: 'Mir gebet nix'“, sagte Bullinger. „Ich erwarte vom Ressortminister, dass er für die Bauern kämpft.“
Der SPD-Abgeordnete Alfred Winkler wies darauf hin, dass Deutschland und auch Baden-Württemberg als Lebensmittel-Exportländer auch mit weniger Mitteln letztlich von der EU profitierten. Winkler kritisierte aber, dass der Mittel aus der ersten GAP-Säule – der Direktförderung – den allergrößten Betrieben im Land zugutekäme. „Das sind Großkonzerne. Wir fordern, dass Betriebe unter 50 Hektar Betriebsgröße mehr Mittel bekommen müssen.“