Zunehmende Gewalt gegen Polizisten beschäftigt Landtag
Stuttgart. Dramatische, alarmierende Zahlen, die demokratische Freiheit in Gefahr – am Donnerstag befasste sich der Landtag mit der zunehmenden Gewalt gegenüber Polizisten. Die Abgeordneten fanden zum Teil deutliche Worte und landeten einmal mehr beim Alkoholkonsumverbot auf öffentlichen Plätzen.
„In Baden-Württemberg werden heute wieder neun Polizeibeamte im Dienst verletzt.“ Mit diesen Worten begann Nikolaos Sakellariou (SPD) die aktuelle Debatte. Ob es tatsächlich neun sind, sei dahingestellt. Es ist eine Durchschnittszahl. Es gab noch weitere Daten, die die Relevanz des Themas widerspiegeln: Die Zahl der Straftaten gegen Polizisten stieg im ersten Halbjahr 2012 um 24 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum, rund 70 Prozent der Tatverdächtigen waren dabei alkoholisiert, bei Körperverletzungen sind es sogar etwa 80 Prozent.
Hauk: Alkoholverbot auf öffentlichen Plätzen ist „aktive Prävention“
Peter Hauk landete schnell beim Thema Alkoholkonsumverbot auf öffentlichen Plätzen. „Das ist aktive Prävention“, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende. „Und der Ministerpräsident hat es erkannt.“ Damit spielt Hauk auf die Tatsache an, dass ein Verbot für Winfried Kretschmann (Grüne) weiterhin Thema ist – auch wenn sich die Grüne Jugend und der SPD-Parteitag dagegen ausgesprochen hatten. Gründe, die für Hauk scheinbar nicht gelten. „Sie wurden gewählt, um zu sagen, wo es langgeht“, sagte er in Richtung Kretschmann. Der CDU-Politiker würde die Entscheidung als eine Gewissensfrage sehen, fernab der Fraktionsdisziplin.
Mit einem Alkoholverbot an Brennpunkten würden die Parlamentarier allerdings lediglich einen Teil des Problems angehen. Denn Sakellariou und Petra Häffner (Grüne) machten auch deutlich, dass es zu vielen Straftaten kommt, wenn die Beamten wegen häuslicher Gewalt gerufen werden. „Hier würde das Verbot nicht greifen“, sagte die Politikerin. Überhaupt würde die überwiegende Mehrzahl der Straftaten im alltäglichen Geschäft geschehen – und nicht etwa bei besonderen Anlässen wie Fußballspielen oder Versammlungen.
„Ob der Respekt größer wird, wenn der Staat Mädchen für alles spielt?“
Ein weiteres Argument gegen ein Alkoholverbot kam von Ulrich Goll (FDP). „Gäbe es ein Verbot, müsste man auch vor Ort kontrollieren, wo man wieder auf Gewalt treffen könnte.“ Der ehemalige Justizminister sprach den fehlenden Respekt gegenüber Amtsträgern an, stellte aber auch in Frage, dass er sich durch gesetzliche Eingriffe erhöht: „Ob der Respekt größer wird, wenn der Staat Mädchen für alles spielt?“
Innenminister Reinhold Gall (SPD) versuchte sich an einer Lösung, zumindest einer, die er in seinem eigenen Haus durchsetzen kann. Dazu gehört, die Beamten verstärkt weiterzubilden – gerade im Hinblick auf die momentanen Entwicklungen. Gall ist sich aber bewusst, dass es wegen der „multikausalen Ursachen keine einfachen Lösungen“ gibt.