Abgeordnete streiten über berufliche Bildung
Stuttgart. Im Landtag ist an diesem Mittwoch ein Streit über die Situation der dualen Ausbildung und der beruflichen Schulen entbrannt. Die FDP hatte die Debatte beantragt. Die Opposition warf der Landesregierung vor, sich nicht genug für die Stärkung der beruflichen Bildung einzusetzen. Grün-Rot hingegen machte die frühere schwarz-gelbe Landesregierung für das strukturelle Defizit an beruflichen Schulen verantwortlich.
Der FDP-Abgeordnete Timm Kern warf der Landesregierung vor, dass die Unterrichtsversorgung an den beruflichen Schulen im Land defizitär sei. Diese Unterversorgung betrage vier Prozent. Nach Angaben von Kern kritisiert auch der Berufsschullehrerverband dieses Problem. Er verwies auf die Handlungsempfehlung der Enquete-Kommission, die gefordert hatte 900 zusätzliche Lehrer an beruflichen Schulen einzustellen. „Daher ist es unverständlich, dass Grün-Rot in den nächsten Jahren rund 850 Stellen streichen will“, sagte Kern.
Laut dem FDP-Politiker könne man nicht Lehrerstellen streichen, bildungspolitische Lieblingskinder wie die Gemeinschaftsschule finanzieren und gleichzeitig die berufliche Bildung stärken wollen. Um die berufliche Bildung zu stärken, müsse unter anderem das Zusammenspiel zwischen den Betrieben und den Schulen verbessert werden. So könne dem Fachkräftemangel begegnet werden.
CDU: Unternehmen sind an Stärkung der dualen Ausbildung interessiert
Viktoria Schmid (CDU) unterstrich die Aussagen von Kern. Unternehmen seien an der Stärkung der dualen Ausbildung sehr interessiert, da so die „Fachkräfte von morgen“ gesichert würden. Dies sei eine Zukunftschance, aber bloß so lange die Kultusministerin dies unterstütze. Sie warf der Landesregierung vor, dass sie höhere Bildungsabschlüsse anstatt der betrieblichen Ausbildung bevorzuge. Zudem seien die Lehrerstellen nicht voll besetzt, obwohl es ein Unterrichtsdefizit gebe.
Siegfried Lehmann (Grüne) wehrte sich gegen die Vorwürfe und warf der FDP vor, in den vergangenen Jahren auf dem Gebiet der dualen Ausbildung immer auf der Bremse gestanden zu haben. Er betonte, dass zwar Baden-Württemberg nicht Spitze bei der beruflichen Bildung, aber bei den Übergangssystemen sei. Lehmann sagte zudem, dass das strukturelle Unterrichtsdefizit nicht von Grün-Rot, sondern von der vorigen schwarz-gelben Landesregierung produziert worden sei. „Wir haben sogar die von Schwarz-Gelb geplante Stellenstreichung rückgängig gemacht“.
Kultusministerin: Grün-Rot hat strukturelles Unterrichtsdefizit abgebaut
„In diesem Themenbereich ist noch viel zu tun. Verlassen Sie sich darauf, wir werden die beruflichen Schulen nicht im Regen stehen lassen“, sagte Gerhard Kleinböck (SPD). Er wies auf einen weiteren Aspekt hin: die Berufsorientierung an Gymnasien. Diese müsse gestärkt werden, es dürfe nicht bloß kurze Praktika geben. Auch Lehrer müssten diesbezüglich weitergebildet werden.
Kultusministerin Gabriele Warminski-Leitheußer (SPD) sagte in der Debatte, dass Grün-Rot das strukturelle Unterrichtsdefizit an beruflichen Schulen abgebaut habe, seitdem die Landesregierung im Amt sei – von 4,4 auf 4,1 Prozent. Damit habe man mehr bewegt als Schwarz-Gelb in der gesamten vergangenen Legislaturperiode. „Wir haben da Bewegung reinbekommen“, so die Ministerin. Hätte Schwarz-Gelb etwas getan, könnte das Defizit heute bloß drei Prozent betragen. Sie versicherte, dass die beruflichen Schulen die Zahl der Lehrer bekommen werde, die sie brauchen, um den Unterricht durchzuführen.