Abgeordnete diskutieren umstrittene City-Maut
Stuttgart. Die alten Germanen sind selten Bestandteil von Reden im Landtag. Am Mittwoch, bei der aktuellen Debatte um mögliche Pläne bezüglich einer City-Maut, waren sie es. Jochen Haußmann, verkehrspolitischer Sprecher der FDP, legte in aller Kürze die Geschichte der Wegezölle dar, die in Mitteleuropa laut Haußmann bei germanischen Stämmen begann. Im 19. Jahrhundert habe der Zollverein die Gebühren abgeschafft, weil sie die wirtschaftliche Entwicklung störten. Die Opposition sieht heute bei einer City-Maut die gleiche Gefahr.
„Sie belastet den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg massiv“, sagte Haußmann. Der Einzelhandel in den Städten brauche die Kaufkraft aus dem Umland, argumentierte Nicole Razavi von der CDU. Und ohnehin sei die City-Maut „unsozial“. „Sie trifft besonders diejenigen, die schon stark belastet sind und die, die auf ihr Auto angewiesen sind“, fuhr die CDU-Politikerin fort.
Eigentlich geht es bei der City-Maut um die Fragen, ob sie ein Instrument zur Lenkung des Verkehrs und zur Entlastung der Innenstädte ist? Oder ob sie vielmehr Pendler und Händler über Gebühr belaste? Die Opposition sieht aber ein weiteres Problem – und zwar im vermeintlichen Schlingerkurs der grün-roten Koalition. Denn eigentlich hatte sie den Plänen schon seit Längerem eine Absage erteilt.
Und Andreas Schwarz (Grüne) betonte am Mittwoch abermals: „Die Einführung einer City-Maut steht nicht auf der Agenda der Landesregierung.“ Doch dann gab es da noch die Konferenz der Landesverkehrsminister vergangene Woche in Cottbus, auf der sich Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) aufgeschlossen gegenüber der Idee zeigte. Im Landtag verteidige er sich: „Es darf kein Denk- und Diskussionsverbot geben. Wir müssen alle möglichen Instrumente bewerten.“ Dazu gehört auch die City-Maut. Schließlich dürfte sich – etwa mit der Einführung der Schuldenbremse – die finanzielle Lage im Verkehrsbereich nicht gerade verbessern.
Hermann wies ebenso darauf hin, dass auch der Fraktionsvorsitzende der CDU, Peter Hauk, die gravierende Unterfinanzierung erkannt habe. Denn der Oppositionsführer hat unlängst für die Einführung einer Autobahn-Vignette plädiert. „Die Vignette ist die Hauk-Maut“, sagte der Verkehrsminister.
In anderen europäischen Großstädten ist die Debatte übrigens schon weiter. In Rom müssen Autofahrer genauso wie in London zahlen und in Oslo gibt es die City-Maut gar schon seit 1990.