Debatten im Landtag vom 2. und 3. Februar

Landtag uneins über Bewertung des Polizeieinsatzes im Schlossgarten

Stuttgart. Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses zum Polizeieinsatz vom 30. September 2010 im Schlossgarten Stuttgart hatten ihre Arbeit bereits beendet. Nun ist im Landtag über deren Abschlussbericht diskutiert und abgestimmt worden. Die unterschiedlichen Beurteilungen von Koalition und Opposition wurden im Plenarsaal nicht ausgeräumt. 13 Sitzungen, 40 beantragte und 39 angenommene Beweisanträge, 63 Zeugenvernehmungen und zwei Befragungen […]

Stuttgart. Die Mitglieder des Untersuchungsausschusses zum Polizeieinsatz vom 30. September 2010 im Schlossgarten Stuttgart hatten ihre Arbeit bereits beendet. Nun ist im Landtag über deren Abschlussbericht diskutiert und abgestimmt worden. Die unterschiedlichen Beurteilungen von Koalition und Opposition wurden im Plenarsaal nicht ausgeräumt.
13 Sitzungen, 40 beantragte und 39 angenommene Beweisanträge, 63 Zeugenvernehmungen und zwei Befragungen von Sachverständigen: Das ist die statistische Bilanz des Untersuchungsausschusses. Die inhaltliche ist im Abschlussbericht über den sogenannten schwarzen Donnerstag zusammengefasst, etwa 650 Seiten ist der Bericht lang. Zur Kenntnis genommen haben ihn die Landtagsmitglieder einstimmig. Der Bewertung anschließen wollten sich jedoch bloß die Mitglieder der Regierungsfraktionen. Die Opposition nahm eine eigene Beurteilung vor.

Fehler beim Polizeieinsatz

Während Sozialdemokraten und Grüne von einer politischen Verantwortung des Ministerpräsidenten für den Polizeieinsatz sprachen, sahen Christdemokraten und Liberale diese durch die Beweisaufnahme widerlegt. Die Polizei sei am 30. September nicht in den Schlossgarten geschickt worden, sagte beispielsweise Ulrich Müller, CDU-Obmann im Ausschuss. Sie hätte dort vielmehr ihre Aufgabe erledigen müssen: „Die Polizei greift nicht die Bürger an, sondern sie verteidigt das Recht.“ Der frühere Umweltminister stellte fest, dass bei dem Einsatz Fehler passiert seien – handwerkliche Fehler, Fehlentscheidungen und fachliche Mängel. Doch diese würden von der Polizei eingestanden und auch selbst aufgearbeitet.
Der Liberale Hagen Kluck wies darauf hin, dass seine Fraktion eben diese Aufarbeitung ebenso erwarte wie einen Bericht im Innenausschuss des Parlaments. Bevor keine rechtliche Prüfung erfolgt sei, dürfe es auch keine Vorverurteilungen und Entlassungsaufforderungen geben. Aus der Opposition war die Forderung gekommen, Stuttgarts Polizeipräsidenten Siegfried Stumpf anzulösen. Er hatte den Einsatz am 30. September geleitet, bei dem mehr als 100 Demonstranten und mehrere Dutzend Polizisten verletzt wurden.

Vorwürfe gegen Mappus

Von einer Rücktrittsforderung an Ministerpräsident Stefan Mappus (CDU) sahen Sozialdemokraten und Grüne nach eigenen Angaben mit Blick auf den nahen Landtagswahltermin ab. Von Vorwürfen gegen den Regierungschef dagegen nicht. Es seien Anhaltspunkte gefunden worden, dass Mappus von der Polizei ein „offensives Vorgehen“ erwartet habe, stellte SPD-Obmann Andreas Stoch fest: „Der Ministerpräsident hat die politische Verantwortung für den missglückten Einsatz.“
Hans-Ulrich Sckerl von den Grünen wurde im Plenarsaal konkreter: „Die Entscheidung über den Einsatz fiel am 29. September im Staatsministerium in Anwesenheit des Ministerpräsidenten.“ Vor dieser Besprechung in der Regierungszentrale habe der exakte Termin des Einsatzes nicht festgestanden, danach schon. Von Zwischenrufen vor allem aus den Reihen der CDU und der Forderung nach Belegen ließ Sckerl sich nicht abhalten: „Es ist berechtigt zu sagen, dass die Politik sich in die Entscheidung über den Einsatz eingemischt hat.“ Der Regierung warf er vor, nicht mit einer kritischen Bürgerschaft umgehen zu können.

Um manche Erfahrung reicher

Winfried Scheuermann für seinen Teil war ebenfalls kritisch – und zwar im Umgang mit den Ausschusskollegen von der Opposition. Der Ausschussvorsitzende bemängelte, dass diese vorige Woche zu einer eigenen Pressekonferenz eingeladen hatten, entgegen der Gepflogenheiten und ohne dies zuvor angekündigt zu haben. "Das ist ein Verhalten, das alles andere als kollegial ist", sagte er. Alles in allem sei er durch die Arbeit im Ausschuss um manche Erfahrung reicher geworden. "Das bedauere ich nicht", erklärte Scheuermann, "dessen bin ich froh."

Quelle/Autor: mars

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2. und 3. Februar