„Wir sind auf dem Weltmarkt angekommen, mit allen Vor- und Nachteilen“
Stuttgart. Der Antrag der CDU-Fraktion zur wirtschaftlichen Situation der Landwirtschaft in Baden-Württemberg, über den die Landtagsabgeordneten am Donnerstag diskutierten, stammt bereits vom September 2009. Damals standen viele Betriebe vor großen Liquiditätsengpässen. „Die Landwirtschaft kommt aus einem tiefen Tal“, sagte denn auch Paul Locherer (CDU). Doch das land habe die Bauern in der Krise nicht im Stich gelassen. Locherer verweist auf Liquiditätsdarlehen, steuerliche Erleichterungen, etwa bei der Agrardieselbesteuerung, und verstärkter Beratung für die Landwirte.
Obgleich die Situation sich nun wieder verbessert hat, plädiert Locherer dafür, die Landwirte weiter zu unterstützen. Einsetzen will er sich unter anderem für den Abbau von Wartezeiten bei der Investitionsförderung, für steuerliche Risikorücklagen für Dürrejahre, aber auch für ein landesweites Schulmilchprogramm. Ob es der Landwirtschaft gut gehe und ob sie weiter bestehen könne, entschieden die Verbraucher an der Ladentheke, etwa durch die Stärkung regionaler Erzeugung, so Locherer.
Köberle: Land hat alles getan um Landwirtschaft in der Krise zu schützen
Der Minister für den ländlichen Raum, Rudolf Köberle (CDU), betont, dass das Land alles getan habe, um die Landwirtschaft in der Krise zu unterstützen. Es sei vor allem wichtig gewesen, die Liquidität für die Betriebe zu erhalten. So hätten etwa die Milcherzeuger zwei Wirtschaftsjahre mit unbefriedigenden Ergebnissen verkraften müssen, in denen kaum Eigenkapital gebildet werden konnte. Doch genau dieses sei für Anpassungen an den globalisierten Markt und für Investitionen notwendig. Und Karl Rombach (CDU), selbst von Beruf Landwirt, bestätigt: „ In Baden-Württemberg wurde eine erfolgreiche Agrarpolitik gemacht.“ Auch Hans-Ulrich Rülke (FDP) betont: „Die Landwirtschaft in Baden-Württemberg ist auf dem richtigen Weg.“
Das sieht der Grünen-Abgeordnete Bernd Murschel anders. Er verweist auf einen gravierenden Verlust an landwirtschaftlichen Betrieben aufgrund des Strukturwandels, auf Landwirte, die von ihrer Produktion nicht mehr leben könnten. Knapp die Hälfte der Einnahmen der Landwirte seine inzwischen Stützen vom Staat, so Murschel, ohne die viele Betriebe nicht mehr überleben könnten.
Mit steuerlichen Erleichterungen wird Liquiditätskrise nicht bekämpft
Auch Alfred Winkler (SPD) verweist darauf, dass die Liquiditätskrise von Landwirtschaftsunternehmen auf Dauer mit steuerlichen Erleichterungen, Überbrückungsdarlehen und Beihilfen nicht bekämpft werden könne, sondern bloß überbrückt würde. Deutschland sei inzwischen der drittgrößte Agrarexporteur der Welt, nach den USA und den Niederlanden. „Wir sind auf dem Weltmarkt angekommen, mit allen Vor- und Nachteilen“, so Winkler. Die Betriebe bekämen deshalb auch die Preisschwankungen voll ab.
Auch sei die Bedeutung der Landwirtschaft „in der Gesellschaft nicht präsent genug“, sagt Winkler. So arbeiteten zwar lediglich 2,1 Menschen in der Landwirtschaft, aber 10 Prozent in nachgeordneten Betrieben. Land- und Forstwirtschaft hätten einen jährlichen Umsatz von 54 Milliarden Euro, mit Lebensmittelindustrie und Gastronomie wären es 600 Milliarden Euro.