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Haus der Stadtgeschichte in Waiblingen: Zuerst Ziegel, dann die Motorsägen

Auch die Raubtierdompteurin Irina Bente ist im Haus der Stadtgeschichte präsent. Foto: Gerst
Gerst)Waiblingen. Waiblingen war die „Stadt des guten Tons“, reimender Juristen und abenteuerlustiger Frauen. Das zumindest erfahren Besuchende des Hauses der Stadtgeschichte Waiblingen. Untergebracht ist das Museum im ältesten Wohnhaus der Stadt. Als eines von nur fünf Gebäuden entkam es den Flammen des Stadtbrands von 1634.
Neben regelmäßigen Sonderausstellungen widmet sich das Museum in seiner Dauerausstellung der Geschichte der Stadt. Im Erdgeschoss beleuchtet eine multimediale Präsentation Etappen der Stadtentwicklung.
Der Anschluss an das Eisenbahnnetz brachte einen rasanten Aufschwung
Bereits im 13. Jahrhundert bauten Württemberger Grafen die kleine Siedlung zur Stadt aus. Im Dreißigjährigen Krieg fast vollständig zerstört, dauerte ihr Wiederaufbau über 100 Jahre. Erst der Anschluss Waiblingens an das Eisenbahnnetz bewirkte einen rasanten Aufschwung.
Das Bahnhofsgebiet wandelte sich zum Industriestandort, neue Wohngebiete und Fabrikantenvillen entstanden. Die florierende Ziegelindustrie erleichterte den Bauboom. Um 1910 ist die „Aktiengesellschaft Dampfziegelei Waiblingen“ die größte württembergische Ziegelei und Waiblingen wird zur „Stadt des guten Tons“. Heute ist Waiblingen eher bedeutend durch ihre Motorsägen, die auch Teil der Schau sind.
Rote Aufsteller zeigen den Lebenslauf einzelner Bürger und Bürgerinnen auf. Neben dem dichtenden Juristen Karl Mayer sind es vor allem Frauen, die ein außergewöhnliches Leben führten. So wohnte etwa Irina Bente (1907-1988) in einem Bauwagen, danach in einem Haus in der Weingärtner Vorstadt. Als „Irina Tigora Bente“ feierte sie Erfolge als Dompteurin und Zirkusprinzessin. Ihre Tourneen führten sie durch Europa, Asien und Afrika. Ihr Ritt auf dem Löwen „Sassa“ war eine Sensation. Bewegt war auch ihr Privatleben. Von sechs Ehen wird berichtet. Einer ihrer Ehemänner war jüdischer Herkunft, den sie durch die Heirat vor nationalsozialistischer Verfolgung bewahrte.
Frida Ruoff gelang der Sprung ins Kommunalparlament
Der Kunst zugewandt war die Malerin Luise Deicher (1891-1973), die bei Adolf Hölzel in Stuttgart studierte. Noch 20 Jahre später war sie eine gefragte Künstlerin, die vom Verkauf ihrer Gemälde leben konnte. Wirtschaftlich noch erfolgreicher und mit Omnibusführerschein gelang Frida Ruoff, Frau des Busunternehmers Richard Ruoff, 1956 der Sprung ins Kommunalparlament als erster Frau in Waiblingen.