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Ratsbibliothek Schwäbisch Hall: Eine der bedeutendsten Bibliotheken ihrer Art

Die Ratsbibliothek in Schwäbisch Hall überstand zwei große Brände.
Regine Gerst)Schwäbisch Hall. Im März 1575 beschloss der Rat der freien Reichsstadt Schwäbisch Hall eine Bibliothek zu errichten. Sogleich wurde der Theologe, Pädagoge und Dichter Johannes Weidner (1545-1606) auf die Frankfurter Messe geschickt, um dort „viel Bücher dazu“ zu kaufen. Der Buchbestand wurde bis Ende der Reichsstadtzeit 1802 kontinuierlich ausgebaut, wobei neben einzelnen Titeln auch komplette Privatbibliotheken erworben wurden.
Literatur aus Stiftungen und Schenkungen kamen hinzu, sodass der heutige Bestand gut 3200 Bände mit rund 5250 Titeln umfasst. Die Ratsbibliothek war nicht öffentlich, sondern diente hauptsächlich dazu, die Ratsherren und juristischen Berater des Magistrats mit der nötigen Fachliteratur zu versorgen.
Der größte Sammlungsbereich enthält juristische Drucke
So enthält der mit Abstand größte Sammlungsbereich juristische Drucke vom späten 15. bis zum späten 18. Jahrhundert, darunter Schriften zum Reichs-, Zehnt-, Patronatsrecht und Eherecht. Daneben finden sich Bücher zum Apothekenwesen und zur Rechts- und Seuchenmedizin.
In der medizinischen Abteilung sticht ein Titel hervor. In ihrem 1708 erschienenen Buch „Die Chur-Brandenburgische Hoff-Wehe-Mutter“ gibt Justine Siegemund Tipps, wie bei verqueren Steißlagen des Babys zu verfahren sei. Ziemlich gruselig werden auf etlichen Abbildungen Babys mithilfe von Schnüren, an Ärmchen oder Beinchen gebunden, auf die Welt gezogen. Witzig und skurril auch das Fischbuch von Conrad Gesner aus dem Jahr 1558. Es zeigt neben Speisefischen groteske „Wallen“ und fantasiegeborene Meerestiere.
Schöne Kupferstiche finden sich in einer opulenten Reise- und Länderbeschreibung von 1673. Es zeigt Karten vom amerikanischen Kontinent und eine der ersten Ansichten von New York (New Amsterdam) überhaupt. Die Ratsbibliothek besitzt weitere sehr seltene geografische Werke und nennt auch eine fünfsprachige Bibel in Hebräisch, Latein, Aramäisch, Arabisch und Griechisch ihr Eigen.
Die Ratsbibliothek gehört zu den bedeutendsten ihrer Art
Darüber hinaus steht in der Bibliothek Fachliteratur zu den Gebieten Theologie und Kirchengeschichte, ferner zu Politik, Philosophie, Pädagogik, Alchemie und Astronomie, zudem zahlreiche Werke zu Wasserbaukunst und Bergbau, Metallurgie und Salinenkunde, die in Schwäbisch Hall als Stätte der Salzerzeugung von besonderem Interesse war.
Die Bücher überstanden den Großen Stadtbrand von 1728 und den Brand des Rathauses im April 1945. Allerdings führte beim Letzterem eintretendes Löschwasser zu Schäden an der Einrichtung und einigen Bänden. Der Raum wurde 1946/1947 nach Plänen von Eduard Krüger im Barockstil neu eingerichtet. Heute gehört die Ratsbibliothek einer der bedeutendsten erhaltenen ihrer Art.