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Neuer Staatsminister: Warum Jörg Krauss wieder nicht in Pension darf
Stuttgart. Noch beim Neujahrsempfang der Landesregierung wurde kräftig gerätselt: Wer soll Nachfolger von Florian Stegmann werden, der nach sechs Jahren aus privaten Gründen als Chef der Staatskanzlei zum 31. Januar zurücktritt? Der Europa-Staatssekretärin Florian Hassler (Grüne) wurde oft genannt, der ja bereits im Staatsministerium angesiedelt ist. Doch er wollte offenbar nicht.
Am Samstag meldete eine Zeitung den Namen Jörg Krauss. Eine Personalie, der aufhorchen lässt , er war Ministerialdirektor und Amtschef im Finanzministerium unter Minister Danyal Bayaz. Der Grüne, der die Schwarzen versteht, empathisch und integer im Auftreten, diesen Ruf erwarb er sich über Jahrzehnte.
Eigentlich sollte er längst im Ruhestand sein und den eigenen Weinberg pflegen. Doch schon 2024 holte Innenminister Thomas Strobl (CDU) ihn zurück. Nach der Polizeiaffäre brauchte er einen unabhängigen Kopf, der alle Vorgänge zu Machtmissbrauch, Belästigung und autoritären Strukturen in der Landespolizei nachgehen sollte. Er wurde Leiter der neuen Stabsstelle Moderne Führungs- und Wertekultur.
Schonungsloser Aufklärer in der Polizeiaffäre
Krauss reiste durchs Land, schüttelte gefühlt jedem Polizisten persönlich die Hand, und legte einen schonungslosen Bericht vor. „Manches war erschütternd“, sagte er über seine Gespräche mit den Beamten. Obwohl oder gerade weil der Rapport so kritisch war, sprach Strobl von einer „erstklassigen Arbeit“, und überließ ihn ungefiltert der Öffentlichkeit.
Auf Grundlage von Krauss‘ Empfehlungen wurden die Verhaltensregeln und die Kommunikation in der Landespolizei überarbeitet. Krauss ist selbst Polizist, 1976 trat als Polizeiwachtmeister mit der Besoldungsstufe A 4 bei der Bereitschaftspolizei in den Landesdienst ein. Er arbeitet sich hoch, ging ins Innenministerium, wurde Leiter des Referats 14 im Staatsministerium. Eine steile Karriere, Krauss wurde Regierungsvizepräsident in Stuttgart, schließlich Ministerialdirektor des Finanzministeriums.
Nun soll er die Schnittstelle für die Regierungsarbeit in der Villa Reitzenstein übernehmen: Der Staatsminister koordiniert die Ministerien, die Fraktionen und ist so der wichtigste Mann für den Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann. „Ich freue mich sehr, dass Jörg Krauss sich bereit erklärt hat, die vielseitige und anspruchsvolle Aufgabe zu übernehmen“, sagt der Regierungschef. Er genieße sein „volles Vertrauen“.
Kretschmann: Er genießt mein volles Vertrauen
Das bestätigte er auch Frage von Journalisten, die darauf hinwiesen, dass Krauss zu Beginn der Polizeiaffäre sich für den umstrittenen ehemaligen Inspekteur Andreas Renner eingesetzt haben soll. Doch das spielt keine Rolle mehr, zumal die Lage zu diesem Zeitpunkt noch unübersichtlich bar.
In der Landespressekonferenz am Dienstag erklärte Kretschmann die praktischen Vorzüge der Ernennung des 67-jährigen Jörg Krauss: Es entstehen keinerlei Pensionsansprüche. Als politischer Beamter kann er jederzeit in den Ruhestand versetzt werden – aus dem er ja gerade kommt.
Lob von Grünen und CDU für den künftigen Staatsminister
Wenn nach der Landtagswahl ein neuer Ministerpräsident einen Vertrauten seiner Wahl an die Stelle setzt, geht Krauss einfach in den Ruhestand zurück. Die Personalie trifft in der grün-schwarzen Koalition auf ungeteilte Zustimmung. Der grüne Fraktionschef Andreas Schwarz sagt zu dem 67-Jährigen: „Ich schätze seinen breiten Erfahrungsschatz, sein gutes menschliches Gespür und seine verbindliche Art sehr.“
Auch bei der CDU gibt es Lob. Innenminister Thomas Strobl erklärt: „Er ist ein Mensch, der den Zugang zu Menschen sucht und sich dabei nie scheut, seine Meinung zu sagen.“ Auch CDU-Chef Manuel Hagel begrüßt die Ernennung: Krauss werde „mit Ruhe, Klarheit und Sachlichkeit“ die Themen voranbringen. Nur fragt man sich, ob 2026 Krauss wirklich endgültig in Pension geht, oder ob dann die nächste Aufgabe wartet.