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Studie: Wohneigentum ist für viele Menschen inzwischen unerschwinglich
München/Stuttgart. Die Tendenz ist klar: Lebten 2011 noch 52,1 Prozent der baden-württembergischen Haushalte in ihren eigenen vier Wänden, sind es 2022 nur noch 50,6 Prozent gewesen. Das geht aus einer neuen Studie hervor, die das Pestel-Institut aus Hannover im Auftrag des Bundesverbands Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) erstellt hat. „Baden-Württemberg ist nicht mehr das Land der Häuslebauer“, kommentierte Pestel-Chef Matthias Günther die Entwicklung.
Für den Rückgang macht er vor allem höhere Immobilienpreise verantwortlich. Im Südwesten sind zwar die Einkommen höher als im Bundesdurchschnitt, doch mit den Preisen für Häuser und Wohnungen hätten sie nicht Schritt halten können. In fast allen Landkreisen und kreisfreien Städten im Südwesten muss mehr als die Hälfte des Nettohaushaltseinkommens aufgewendet werden, um ein Einfamilienhaus mit rund 100 Quadratmetern finanzieren zu können. Für Haushalte, die eine Immobilie nicht aus eigener Kraft finanzieren könnten, fehle die Wohneigentumsförderung, sagte Günther.
Wohneigentumsquote liegt über dem Bundesdurchschnitt
Dabei steht Baden-Württemberg im Vergleich mit anderen Bundesländern noch immer nicht schlecht da. Nach dem Saarland mit einer Eigentümerquote von 58,6 Prozent der Haushalte und Rheinland-Pfalz mit 53,5 Prozent liegt das Land auf Platz drei. Bundesweit leben 43,6 Prozent der Haushalte in einem eigenen Haus oder einer Eigentumswohnung.
Den Bedarf, die Quote in Bund und Land zu erhöhen, sehen die Pestel-Forscher und ihr Auftraggeber dennoch. Denn der Wunsch nach Wohneigentum sei in der Bevölkerung nach wie vor sehr ausgeprägt. Eine repräsentative Umfrage im Auftrag der Spitzenverbände der Bauwirtschaft hatte im Frühjahr 2024 ermittelt, dass 76 Prozent der Befragten lieber in der eigenen Immobilie und nicht zur Miete wohnen möchten. Allerdings waren nur 53 Prozent der Ansicht, dass sich das finanziell lohnt. 2011 waren noch 74 Prozent davon ausgegangen.
Unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen – hohe Immobilienpreise, fehlende Förderung, ungünstige Finanzierungsbedingungen – sei es für jüngere Menschen fast unmöglich, eine eigene Wohnung oder ein Haus zu kaufen oder zu bauen. „Die meisten der 25- bis 45-Jährigen wohnen heute zur Miete. Der Staat hat aus ihnen quasi eine komplette Miet-Generation gemacht“, betonte Günther. Für Durchschnittsverdiener sei die Chance auf Wohneigentum „heute gleich Null.“
Mieterhaushalte haben deutlich weniger Geld zur freien Verfügung
Der Immobilienökonom sieht eine Erhöhung der Wohneigentumsquote als ein Mittel gegen Altersarmut. Sein Institut hat errechnet, dass einem Zwei-Personen-Rentner-Haushalt, der zur Miete wohnt, im Bundesdurchschnitt fast ein Drittel weniger Geld für ihre Lebenshaltung zur Verfügung steht als denen, die in den eigenen vier Wänden leben. Der Bund müsse Wohneigentum künftig als festen Baustein der Altersvorsorge berücksichtigen, so Günther.
Sein Institut und der BDB als Auftraggeber der Studie fordern, dass jedes Jahr 500 000 Haushalte in die Lage versetzt werden müssten, sich zum ersten Mal Wohneigentum, das sie selbst nutzen, zu kaufen oder zu bauen. Damit würde die Eigentumsquote bis zum Beginn des nächsten Jahrzehnts auf rund 45 Prozent steigen. Im Vergleich mit anderen europäischen Ländern läge Deutschland damit noch immer auf dem vorletzten Platz vor der Schweiz.
Forscher halten Art der Förderung für nachrangig
Um die Bildung von Wohneigentum voranzubringen, fordern die Autoren der Studie eine „wirksame Förderung der Schwellenhaushalte“, also derjenigen, die sich sonst die Finanzierung nicht leisten könnten. Dabei sei es nachrangig, ob dies durch Zuschüsse, Darlehn als Eigenkapitalersatz oder eine Reduzierung der Grunderwerbssteuer geschehe.
Wohneigentumsbildung jahrzehntelang gefördert
Die Förderung von Wohneigentum begann in der Bundesrepublik direkt in der Nachkriegszeit und war ein ergänzender Teil zum sozialen Wohnungsbau der 1950er- bis 1970er-Jahre. 1995 wurde mit der Eigenheimzulage eines der teuersten Förderprogramme überhaupt auf den Weg gebracht. Bis zum Auslaufen 2005 gab der Bund dafür über 106 Milliarden Euro aus. Das von 2018 bis 2020 gezahlte Baukindergeld schlug mit knapp neun Milliarden Euro zu Buche.