Themen des Artikels

Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen

Expertenbeitrag: Kreditaufnahme

Kommunen müssen Kredite nicht ausschreiben

Städte und Gemeinden nutzen Kredite von Banken und Finanzinstituten, um ihre vielfältigen Aufgaben zu finanzieren. Öffentliche Auftraggeber sind jedoch nicht verpflichtet, Kredite und Darlehen im Wettbewerb förmlich auszuschreiben. Denn das Vergaberecht sieht dafür eine besondere Ausnahme vor.

Unter Banken, Sparkassen und Kreditinstitute herrscht reger Wettbewerb, deshalb sieht die EU wenig Grund für förmliche Ausschreibungen von Krediten.

IMAGO/Michael Bihlmayer)

NÜRNBERG . Wenn ein öffentlicher Auftraggeber einen Kredit oder ein Darlehen aufnimmt, liegt ein entgeltlicher Auftrag vor, da für den Vertrag Zinsen zu zahlen sind. Allerdings sind Verträge über Kredite und Darlehen laut Paragraf 116 Absatz 1 Nummer 5 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) von der Ausschreibungspflicht ausgenommen. Diese Regelung setzt das EU-Vergaberecht um.

EU nimmt Darlehen oder Kredite vom EU-Vergaberecht aus

Früher war unklar, ob die bestehende Ausnahme für die Ausgabe von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten auch Kredit- und Darlehensverträge umfasste. Gemäß Erwägungsgrund 26 der europäischen Vergaberichtlinie sollte daher klargestellt werden, dass Darlehen oder Kredite vom Anwendungsbereich des EU-Vergaberechts ausgenommen sind. Ursprünglich plante die EU-Kommission sogar, Kredite und Darlehen dem Vergaberecht zu unterwerfen, um zu verhindern, dass solche Verträge leichtfertig abgeschlossen werden. Die kommunalen Spitzenverbände wandten sich jedoch in einer Stellungnahme vom 1. Dezember 2012 dagegen. Sie argumentierten, dass Städte und Gemeinden Darlehen und Kredite ohnehin in Form eines auktionsähnlichen Verfahrens ausschreiben würden: Banken und Finanzinstitute würden aufgefordert, ihre Konditionen für einen klar definierten Kredit an einem bestimmten Tag und zu einer bestimmten Uhrzeit bei der Kommune einzureichen. Daher sahen sie keine Notwendigkeit für die Ausweitung des europäischen Vergaberechts.

Die EU-Kommission konnte die vorgeschlagene Ausschreibungspflicht für Darlehen im Rechtsetzungsprozess der europäischen Vergaberichtlinie wegen solcher politischen Widerstände somit nicht durchsetzen.

Ein vergaberechtliches Auswahlverfahren

Die oft gegen eine Vergabepflicht angeführten Argumente der Haushaltsgrundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit, der volatilen Kapitalmärkte, die Erfordernis kurzer Fristen und eines Vertrauensverhältnisses Kapitalgebern sprechen grundsätzlich nicht gegen ein vergaberechtliches Auswahlverfahren. Gerade weil der Markt für Geldkredite und Darlehen und einer Vielzahl unterschiedlicher Banken, Sparkassen und Kreditinstitute sehr wettbewerbsorientiert ist.

Die Ausnahmevorschrift klärt nicht genau, was unter einem Darlehen und einem Kredit zu verstehen ist. Der Begriff „Kredit“ wird in den Erwägungsgründen und im französischen Normtext („prets“) erwähnt, während in der englischen Wortfassung nur von Darlehen („loan“) die Rede ist. Es scheint jedoch keine beabsichtigte inhaltliche Unterscheidung der Begriffe zu geben. Auch im allgemeinen Sprachgebrauch werden Darlehen und Kredite praktisch gleichbedeutend verwendet. Der Normtext ist insoweit recht weit gefasst, da keine weiteren Bedingungen oder Anforderungen für den Ausschluss festgelegt sind. Alle Darlehen werden erfasst, unabhängig davon, ob sie mit der Ausgabe, dem Verkauf, dem Kauf oder der Übertragung von Wertpapieren oder anderen Finanzinstrumenten zusammenhängen.

Unklarheit über andere Finanzierungen

Gemäß Paragraf 488 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verpflichtet sich der Darlehensgeber, dem Darlehensnehmer einen vereinbarten Geldbetrag zur Verfügung zu stellen. Der Darlehensnehmer muss Zinsen zahlen und das Darlehen zum vereinbarten Zeitpunkt zurückzahlen. Unklar ist aber, ob andere Arten der Kapitalbeschaffung, wie Forderungsverkäufe, auch von der Bereichsausnahme erfasst werden.

Eine weitere Ausnahme vom Vergaberecht findet sich ´in Paragraf 116 Absatz 1 Nummer 4 GWB für finanzielle Dienstleistungen im Zusammenhang mit dem Ankauf von Wertpapieren oder anderen Finanzierungsinstrumenten. Jedoch fallen vorbereitende Tätigkeiten wie die Entwicklung von Vermarktungsstrategien oder Beratungsdienstleistungen für Wertpapieremissionen nicht unter die zuletzt genannte Ausnahmevorschrift.

Gesetz regelt Ausnahme

Für den Abschluss von Kredit- oder Darlehensverträgen unterhalb der EU-Schwellenwerte ist ein förmliches Vergabeverfahren nicht nötig. Dies ist in der Vorschrift des Paragrafen 1 Absatz 2 der Unterschwellenvergabeordnung (UVgO) geregelt, die auf die Ausnahmevorschrift nach Paragraf 116 Absatz 1 Nummer 5 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWG) verweist. Danach sind die einschlägigen Paragrafen des GWG nicht auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen anzuwenden, wenn diese Kredite und Darlehen zum Gegenstand haben.

Holger Schröder, Fachanwalt für Vergaberecht, Partner Rödl & Partner, Nürnberg.

Nutzen Sie die Vorteile unseres

Premium-Abos. Lesen Sie alle Artikel aus Print und Online für

0 € 4 Wochen / danach 199 € jährlich Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren

Lesen Sie auch