Eine Markterkundung hilft gegen die Bieterflaute
Berlin . Immer weniger Bieter bewerben sich um Aufträge der öffentlichen Hand. In Deutschland sank die durchschnittliche Anzahl der Angebote über alle Branchen hinweg von 6,0 im Jahr 2011 auf 3,9 im Jahr 2021.
Gerade in Zeiten rückläufiger Angebote auf öffentliche Auftragsbekanntmachungen kommt der Markterkundung eine noch bedeutendere Rolle zu, schreiben das Kompetenzzentrum innovative Beschaffung (KOINNO) und die Universität der Bundeswehr München in einem neuen Leitfaden zum Thema Markterkundungen. „Diese machen es möglich, den Markt zu verstehen und potenzielle Lieferanten aktiv und frühzeitig anzusprechen“, heißt es darin. Vergabestellen verschaffen sich so einen Überblick über die am Markt verfügbaren Produkte und Leistungen ebenso wie über Lieferzeiten, Kapazitäten und Beschaffungsrisiken in der Lieferkette.
Markterkundung muss fair und transparent durchgeführt werden
Die Markterkundung ist wortgleich im Paragrafen 28 Abs. 1 der Vergabeverordnung (VgV) und im Paragrafen 20 UVgO verankert. Danach dient sie zur Vorbereitung der Vergabe oder zur Unterrichtung der Unternehmen über die Beschaffungspläne. Fachabteilung und Vergabestelle arbeiten gemeinsam daran, Informationen über den Markt zu generieren und innerhalb der Organisation zu verteilen und zu diskutieren. „Eine Markterkundung muss fair und transparent durchgeführt werden“, erklären die Experten. „Die Ergebnisse müssen dokumentiert und allen Marktteilnehmern zugänglich gemacht werden – nicht nur den direkt beteiligten Unternehmen.“ Zur Erkundung kann eine Vielzahl an Quellen genutzt werden. Darunter das direkte Gespräch mit den Lieferanten, Branchenberichte, Netzwerke mit öffentlichen und privaten Partnern sowie Online-Plattformen und Fachmessen.
Laut Universität der Bundeswehr München und KOINNO werden Markterkundungen hauptsächlich dann durchgeführt, wenn es um den Auftragswert gehe, weniger um die Leistungsbeschreibung als solche. Auch werde das Instrument eingesetzt, wenn es um komplexe Beschaffungsvorhaben gehe.
Öffentliche Auftraggeber recherchieren vorrangig im Internet
Zum größten Teil finde die Markterkundung „eher passiv“ statt, also ohne Kontakt zu den Lieferanten und damit zu potenziellen Bietern, so die Autoren. Öffentliche Auftraggeber würden vorrangig Internetrecherche betreiben. Eine interaktive Gestaltung der Markterkundung werde meist bewusst vermieden. „Die Ergebnisse der Befragung deuten darauf hin, dass öffentliche Auftraggeber das Instrument der Markterkundung bislang rein reaktiv nutzen“, heißt es. Die Möglichkeit einer kontinuierlichen Marktbeobachtung, welche die Markterkundung explizit bietet, scheint bislang kaum Anwendung zu finden.
Einen Leitfaden zum Thema Markterkundung in der öffentlichen Beschaffung finden Sie hier: