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ZEW-Studie: Potenzial von Start-ups bleibt ungenutzt
Mannheim . „Auf öffentliche Ausschreibungen bewerben sich weniger Start-ups als erwartet“, erklärt Bastian Krieger, Forscher am Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim . Im Vergleich zu früheren Untersuchungen habe sogar die Zahl der jungen Unternehmen, die sich bewerben, abgenommen, sagt er. Einen Grund dafür sieht Krieger darin, dass gerade jungen Unternehmen oft Nachweise fehlen, die ihre Eignung belegen.
Dabei glaubt der Forscher, dass nicht nur Start-ups selbst von der Vergabe öffentlicher Aufträge profitieren können. „Mit ihren oft innovativen Produkten und Dienstleistungen haben sie ein besonderes Potenzial, die deutsche Wirtschaft langfristig voranzubringen“, sagt er. „Die geringen Erfolgschancen von Start-ups beim Vergabeprozess zeigen allerdings, dass dieses Potenzial nicht ausgeschöpft wird.“
Öffentliche Ausschreibungen sind für Start-ups nicht nur finanziell interessant. Sie schaffen bei potenziellen Kunden Vertrauen in das junge Unternehmen und gelten als Qualitätsnachweis. „Mit einem Zuschlag können Start-ups ihren Absatzmarkt erweitern und die Funktionalität ihrer Produkte und Dienstleistungen unter Beweis stellen“, so die Forscher. Jüngere Start-ups, die sich auf Ausschreibungen mit zusätzlichen Vergabekriterien konzentrieren, zeichnen sich eher durch eine hohe Innovationsfähigkeit und Branchenkenntnisse aus. Ältere Start-ups mit größeren Gründungsteams haben hingegen häufig bei Ausschreibungen mit ausschließlichem Fokus auf den Preis der Leistung die Nase vorn. Diese Ausschreibungen verlangen weniger Innovation, was erfahrenen Unternehmen mit etablierten Strukturen Vorteile verschafft.
Mittlerweile gibt es vonseiten des Gesetzgebers verstärkt Initiativen, die Erfolgschancen junger Unternehmen bei öffentlichen Aufträgen zu verbessern und so innovative Leistungen für öffentliche Auftraggeber zu erschließen. Das baden-württembergische Wirtschaftsministerium etwa hat dazu ein Pilotprojekt initiiert. Bei der jüngsten Überarbeitung der „Verwaltungsvorschrift der Landesregierung über die Vergabe öffentlicher Aufträge“ (VwV Beschaffung) hat das Ministerium Erleichterungen für die Teilnahme von Start-ups geschaffen.
Kompetenzen junger Firmen für öffentliche Aufträge mobilisieren
„Wir wollen Start-ups mit ihren innovativen Angeboten im öffentlichen Auftragswesen künftig deutlich stärker als bisher berücksichtigen und ihre Kompetenzen für öffentliche Aufträge mobilisieren“, erklärte Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU). Kern der Idee: Die Behörden und Dienststellen des Landes sollen Liefer- und Dienstleistungen künftig ohne ein Vergabeverfahren an Start-ups direkt vergeben können, sofern der Auftragswert unterhalb des jeweiligen Schwellenwerts liegt. „Die Direktvergabe ist der richtige Weg, um junge Unternehmen für Aufträge zu gewinnen“, sagt ZEW-Forscher Krieger. Um Start-ups zu unterstützen, können die Landesbehörden zudem eine Beschränkte Ausschreibung ohne Teilnahmewettbewerb und eine Verhandlungsvergabe mit oder ohne Teilnahmewettbewerb in Betracht ziehen.
Auch die von der bisherigen Bundesregierung mit ihrem Vergabetransformationspaket geplante Reform des deutschen Vergaberechts hatte zum Ziel, die „besonderen Umstände von jungen sowie kleinen und mittleren Unternehmen“ zu berücksichtigen. Etwa indem mehr Aufträge direkt an Start-ups vergeben werden sollen sowie durch Erleichterungen bei der Auswahl der Eignungskriterien und Eignungsnachweisen. So würden laut den Erläuterungen des Referentenentwurfs Nachteile und bürokratische Hürden für diese Unternehmen abgebaut, deren Teilnahmemöglichkeiten an öffentlichen Aufträgen erhöht und dadurch der Wettbewerb in Vergabeverfahren gestärkt. ZEW-Forscher Krieger hält das für den richtigen Weg: „Das ist – neben dem Bürokratieabbau und der Förderung von Innovationen – ein vielversprechender Ansatz.“
Vergabetransformationsgesetz steht auf der Kippe
Das Bundeskabinett hatte den vom Bundeswirtschaftsminister vorgelegten Entwurf zu einem Gesetz zur Transformation des Vergaberechts zwar Ende November beschlossen. Ob das Gesetz noch in geltendes Recht umgesetzt wird, ist fraglich. Es muss, wie auch andere Gesetzesvorhaben der Ampel, noch durch das Parlament. Dort haben die verbleibenden Regierungsparteien SPD und Grüne jedoch keine Mehrheit.