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Teilzeitquote im öffentlichen Dienst steigt auf Rekordhoch
Stuttgart/Berlin. In der öffentlichen Verwaltung in Deutschland wird immer mehr in Teilzeit gearbeitet. Laut dem Personalreport des Deutschen Gewerkschaftsbunds (DGB) waren zum Stichtag 30. Juni 2023 35,1 Prozent der Beschäftigten von Bund, Ländern und Kommunen in Teilzeit tätig. Laut DGB ist das ein Rekordanstieg. Im Jahr 2020 lag die Teilzeitquote noch bei 33,4 Prozent.
Demnach arbeiteten im vergangenen Jahr 1,8 Millionen Beschäftigte im öffentlichen Dienst in Teilzeit. Insgesamt waren zum Stichtag 30. Juni gut 5,27 Millionen Menschen für Bund, Länder und Kommunen tätig. Das waren etwa 64 000 Beschäftigte mehr als noch ein Jahr zuvor.
„Das Ansteigen der Teilzeitquote überrascht mich keineswegs, ich hätte diese sogar noch etwas höher eingeschätzt“, sagt Kai Rosenberger, Vorsitzender des Beamtenbunds Baden-Württemberg. Fakt sei, dass die öffentliche Verwaltung aufgrund der schlechteren Bezahlung in Relation zur Privatwirtschaft immer unattraktiver, aber aufgrund der flexibleren Arbeitszeitmodelle immer weiblicher werde. „Leider ist ebenso Fakt, dass die Care-Arbeit noch immer weitestgehend von Frauen erledigt werden muss, weshalb diese häufiger in Teilzeit arbeiten“, so Rosenberger.
Wenn sich eine Familie heute für Kinder entscheide, müsse sie das Problem der unzureichenden Kinderbetreuung versuchen zu lösen. „In Kommunen, in denen das Angebot der Kinderbetreuung unzureichend ist, bleibt den Eltern oft nichts anderes übrig, als die Kinderbetreuung selbst zu übernehmen. In der Regel wird dies noch immer deutlich überproportional von der Mutter gestemmt, die dann eben nur in Teilzeit arbeiten kann“, betont der Beamtenbund-Vorsitzende.
Die Kosten für die Kinderbetreuung sind für manche zu hoch
Auch in den Kommunen, in denen eine ausreichende Kinderbetreuung gewährleistet werden kann, seien die Kosten für diese oft so hoch, dass sich eine Inanspruchnahme wirtschaftlich nicht lohnt, „da die Bezahlung in einer niedrigeren Entgeltgruppe oder Besoldungsstufe die Kosten für die Kinderbetreuung nicht aufwiegen“, moniert Rosenberger.
Eine weitere Ursache für den Teilzeitanstieg sieht Rosenberger darin, dass aufgrund der Demografie Beschäftigte in der öffentlichen Verwaltung mit Mitte fünfzig und darüber genauso gesundheitliche Probleme und Pflegeaufgaben haben wie Beschäftigte in der Privatwirtschaft. „Wer keine Care-Arbeit zu verrichten hat, entscheidet sich nicht selten aus gesundheitlichen Gründen für eine Teilzeitbeschäftigung.“
Außerdem sorgen seiner Ansicht nach immer mehr Aufgaben bei immer größer werdendem Personalfehlbestand für immer mehr Überbelastung der Beschäftigten. Und im Hinblick auf die nachfolgende junge Generation Z starte laut Rosenberger eine Generation in die aktive Berufswelt, die einen höheren Anspruch an ihre Freizeit und insbesondere an deren zeitlichen Umfang habe. „Sie wissen, dass sie als ‚Manpower‘ ein selteneres Gut als ihre Vorgängergenerationen sind und fordern ihre Work-Life-Balance sehr selbstbewusst ein“, betont der Vorsitzende.
Grundsätzlich wird laut dem DGB-Personalreport vor allem in den Berufen stärker in Teilzeit gearbeitet, in denen viele Frauen tätig sind. Bei der Kinderbetreuung liegt die Teilzeitquote bei 61,7 Prozent, bei den Schulen bei 46,6 Prozent und im Gesundheitswesen bei 44,8 Prozent. Bei der Polizei ist der Anteil der Teilzeitbeschäftigten mit 11,2 Prozent der Beschäftigten gering.
Corona-Pandemie und Migration belasten Beschäftigte
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund (DSTGB) sieht die Ursache für das Rekordhoch vor allem in der Corona-Pandemie und der Migration, welche die Beschäftigten erheblich gefordert hätten. Der DSTGB-Hauptgeschäftsführer André Berghegger betonte, dass der öffentliche Dienst bei den Arbeitszeitmodellen stärker auf die jeweilige Situation der Beschäftigten eingehen müsse.
Leichter Personalanstieg
Der Personalreport des Deutschen Gewerkschaftsbunds DGB informiert regelmäßig über die Beschäftigtenzahlen, die Altersstruktur, die Geschlechterverteilung und viele weitere Details. Dafür werden nach eigenen Angaben die Daten des Statistischen Bundesamtes zusammengestellt und bewertet. In den jeweiligen Schwerpunktthemen kommen Kollegen und Personalräte aus den Betrieben und Dienststellen zu Wort, die mit der vorhandenen Personaldecke umgehen müssen.
Laut dem Report gibt es zwar seit dem Jahr 2008 wieder einen leichten Personalaufbau im öffentlichen Dienst. Dennoch fehlten Kita-Plätze und Lehrkräfte dafür, außerdem sei die Justiz überlastet. Und in den nächsten zehn Jahren werden knapp 30 Prozent der Beschäftigten in den Ruhestand gehen.