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Die Grüne Jugend ist enttäuscht
Reutlingen. Einig und geschlossen wollten Baden-Württembergs Grüne in den Bundestagwahlkampf starten. Die Grüne Jugend (GJ) allerdings macht aus ihrem Frust über die Zusammensetzung der Kandidatenliste auch öffentlich kein Hehl. „Wir haben die Hand ausgestreckt“, klagte die GJ-Vorsizende Tamara Stoll am Sonntag auf dem Parteitag in Reutlingen, die sei aber abgewiesen worden. Sarah Heim, die einzige Kandidatin, die die GJ in Rennen schickte, bekam als Vertreterin des linken Parteiflügels keinen aussichtsreichen Listenplatz.
Die parteiinterne Situation ist heikel, seit der Bundesvorstand der Grünen Jugend im vergangenen September geschlossen zurück- und aus der Partei austrat. Der baden-württembergische Landesverband ist hingegen geblieben und konnte sogar 200 neue Mitglieder aufnehmen. Im Vorfeld des zweitätigen Treffens hatte die Führung der GJ deutlich gemacht, dass sie eigene inhaltliche Anträge einbringen und den Schwerpunkt darauf legen werde, für Heim und damit für die eigene Spitzenkandidatin einen aussichtsreichen Listenplatz zu erkämpfen, was allerdings misslungen ist.
Kandidatin der Grünen Jugend bekam nur Listenplatz 23
Stoll argumentierte auch mit dem Schock der Europawahl und der Erkenntnis, „dass sich so viele junge Leute abgewendet und Antidemokraten gewählt haben“. Deshalb habe es jetzt ein eigenes personelles Angebot gegeben. Heim, die von 2019 bis 2022 im Landesvorstand der GJ und auch deren Landesvorsitzende war, war als einzige Kandidatin mit dem Votum des Nachwuchses ausgestattet. Sie versuchte, Platz neun zu erringen, unterlag aber. Schlussendlich reichte es aber nur für den aussichtslosen Platz 23, obwohl die Deutsch-Französin unter anderem auf Auslands- und Gewerkschaftserfahrung verweisen konnte.
„Wir sind sehr enttäuscht“, bekannte Stoll, verlangte eine Aufarbeitung und kündigte an, dass sich die GJ jetzt verstärkt inhaltlich in die Debatten um das Bundestags- und danach das Landtagswahlprogramm einbringen werde. Unter Delegierten und im Jugendverband wurde am Rande des Parteitags Heims Niederlage auch mit ihrer linken Ausrichtung erklärt. Sie selber hatte sich als progressive Stimme für den Bundestag angeboten.
Parteivorsitzende Schwelling hofft auf eine weitere gute Zusammenarbeit mit der GJ
Jüngere Kandidaten und Kandidatinnen – allerdings nicht mehr im GJ-Alter – finden sich mehrere auf aussichtsreichen Plätzen, etwa allen voran die frühere Bundesvorsitzenden Ricarda Lang (30) oder beiden Bundestagsabgeordneten Zoe Mayer (29) und Chantal Kopf (29) und vor allem der frühere Fridays-For-Future-Landessprecher Jaron Immer (19). Lena Schwelling, die Landesvorsitzende der Mutterpartei, die selber Sprecherin der GJ war, warb auch genau wie sie und hofft auf eine weitere gute Zusammenarbeit mit dem Nachwuchs. Viele Junge Menschen setzten sich für eine bessere Zukunft ein und für diese Zukunft „streiten auch die Grünen wie kaum eine andere Partei“.
Die Grüne Jugend macht als erste Konsequenz aus der Niederlage bereits eine Ansage für die Landtagswahl. „Wir werden einen Aktionsplan für junge Menschen im ganzen Land auflegen“, heißt es auf Staatsanzeiger-Anfrage. Damit solle gezeigt werden, dass „wir die Sorgen von jungen Menschen ernst nehmen und in unsere Partei tragen.“ Einer der jungen Redner in Reutlingen kritisierte, dass an den zwei Tagen überhöhte Mieten und Wohnungsnot kein Thema gewesen seien, dabei hänge gerade für junge Menschen, „wo wir leben und wo wir eine Familie gründen wollen, nicht mehr von unseren Wünschen ab, sondern nur vom Kontostand“.