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Unternehmer fordern eine Wende am Arbeitsmarkt
Stuttgart . Die Krise in der Autoindustrie schlägt durch. So will etwa der Automobilzulieferer Bosch in den kommenden Jahren Tausende Stellen streichen. Weltweit sind es bis zu 5550 Stellen, teilte das Unternehmen mit. Mehr als zwei Drittel davon – insgesamt 3800 Jobs – sollen in Deutschland wegfallen.
„Die hartnäckige wirtschaftliche Stagnation belastet den Arbeitsmarkt immer stärker“, warnt Stefan Küpper, Arbeitsmarktexperte beim Unternehmerverband UBW. Firmeninsolvenzen und Personal-Abbaupläne – vor allem im industriellen Umfeld – würden deutlich zunehmen.
Unternehmen halten sich bei Neueinstellungen deutlich zurück
Schon seit einem Jahr ist die Tendenz bei Produktion und Umsatz in der baden-württembergischen Industrie negativ. Gleiches zeigt sich im Exportvolumen und bei den Auftragseingängen der Unternehmen. „Entsprechend pessimistisch sind die Beschäftigungserwartungen der Unternehmen“, erklärt die Regionaldirektion der Bundesagentur für Arbeit. Das treffe gerade auf Industrie, Baugewerbe und den international exponierten Großhandel zu.
Die Unternehmen halten sich bei Neueinstellungen deutlich zurück, so die Forscher des Münchener Ifo-Instituts. Noch wird der Abwärtstrend auf dem Arbeitsmarkt durch die wachsende Kurzarbeit abgefangen. So hält sich die Arbeitslosenquote in Baden-Württemberg moderat bei 4,3 Prozent. Ein Jahr zuvor lag sie noch bei 3,9 Prozent. „In den nächsten Monaten werden wir auf dem Arbeitsmarkt mit erheblichen Belastungen zu kämpfen haben“, schätzt Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU). „Die Herausforderungen bleiben tiefgreifend und schwer zu bewältigen“, sagt sie.
„Wir haben die etwas ungute Situation, dass die konjunkturelle Talsohle im Augenblick einhergeht mit der Transformation der Wirtschaft“, sagt UBW-Geschäftsführer Küpper. Mit der Transformation sind ambitionierte ökologische Vorgaben verbunden wie das Verbrennerverbot und das Ziel der Klimaneutralität bis 2040 in Baden-Württemberg. Doch ohne Wachstum, Investitionen und finanzielle Reserven geraten diese Ziele ins Wanken. Denn die Krise trifft gerade das Autoland Baden-Württemberg besonders stark. Gemessen an der Bruttowertschöpfung des Landes wird in der Automobil- und Zulieferindustrie immer noch jeder dritte Euro verdient. Und jeder zehnte Arbeitsplatz hängt hierzulande direkt oder indirekt am Automobil, so Analysten der LBBW. Sie gehen davon aus, dass bis 2040 durch das Verbrenner-Aus in der vom Auto abhängigen Wertschöpfungskette in Baden-Württemberg rund 155 000 Stellen wegfallen werden, also jeder dritte Arbeitsplatz in diesem Bereich.
Wird das nicht aufgefangen, wird das die öffentlichen Haushalte treffen, weil es sich um gut bezahlte Arbeitsplätze handelt. Dabei sind die Haushalte von Bund, Ländern und Gemeinden schon jetzt unter Druck. Etwa in der Landeshauptstadt. Für 2025 erwartet der Stuttgarter Finanzbürgermeister Thomas Fuhrmann (CDU) ein Minus von bis zu 800 Millionen Euro. Dabei schließt er eine Haushaltssperre nicht aus.
Unternehmen machen Lösungsvorschläge
Angesicht der Krise fordert Arbeitsmarktexperte Küpper von der Politik eine ambitionierte Arbeitsmarktpolitik und legt Lösungsvorschlägen vor: Es seien leistungsfähige Qualifizierungsprogramme, funktionierende Arbeitsmarktdrehscheiben, flexible Erprobungsmöglichkeiten und auf Vermittlung ausgerichtete Transfergesellschaften unerlässlich.
Doch die beste Arbeitsmarktpolitik ist eine gute Konjunkturpolitik, sagt Ifo-Forscher Klaus Wohlrabe. Man müsse Planungssicherheit für Unternehmen und Verbraucher schaffen. Nur so würden diese wieder investieren und Geld ausgeben und so das Wachstum ankurbeln.