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Photovoltaik

Regulierung von Solaranlagen stockt

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck sucht Unterstützer bei den Fraktionen im Bundestag. Denn wichtige Gesetze im Energiebereich, unter anderem für die Sicherheit des Stromnetzes, sind noch nicht verabschiedet. Die Verbände halten diese für dringend notwendig.

Im Bund stehen noch Gesetze aus, die zur Netzstabilität beitragen sollen. Ihre Verabschiedung ist aber ungewiss. Foto: IMAGO/Daniel Scharinger

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Stuttgart/Berlin. Der Anteil der erneuerbaren Energien an der Stromerzeugung liegt in Deutschland inzwischen bei über 50 Prozent und soll weiter steigen. Dazu wird vor allem auf Wind und Sonnenenergie gesetzt. Baden-Württemberg beispielsweise hat eine Photovoltaik-Pflicht Wohngebäude. Allein in diesem Jahr wurden bislang 145 527 PV-Anlagen im Südwesten neu gebaut.

Doch die Stromproduktion hängt davon ab, ob der Wind weht und die Sonne scheint. Und das kann zu Problemen führen. Ist die Produktion geringer als der Verbrauch, müssen die Netzbetreiber Reservekraftwerke zuschalten, um das Netz im Gleichgewicht zu halten. Ist die Produktion höher als der Verbrauch, müssen Anlagen abgeschaltet werden.

Doch das ist bislang in vielen Fällen nicht möglich. Es gebe „wichtige regulatorische und technische Gründe, warum einzelne energiepolitische Anliegen noch umgesetzt werden müssen“, macht Kerstin Andreae deutlich. Die Vorsitzende des Bundesverbands der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) nennt beispielhaft das Thema Photovoltaik. „Wir haben in den letzten Jahren einen Rekordausbau an PV-Anlagen erlebt“, sagt sie.

Allein in Baden-Württemberg wurden im vergangenen Jahr knapp 1,9 Gigawatt Leistung bei der Photovoltaik zugebaut. Das ist mehr als die Leistung eines durchschnittlichen Kernkraftwerks. Der größte Teil davon entfällt auf Anlagen auf Dächern von Gebäuden.

Doch: „Ohne angemessene Möglichkeiten der Steuerbarkeit droht nun jedoch eine Gefährdung für die Stabilität der Netze“, sagt Andreae. Sie fordert deshalb zeitnah einen stabilen Rahmen für den weiteren Ausbau der PV und den sicheren Betrieb der Netze. „Parteigeplänkel darf nicht die Stabilität der Netze gefährden.“

Habeck wirbt bei Abgeordneten um Unterstützung für Änderung

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sieht die Notwendigkeit der Novelle, die noch vor der Wahl in den Bundestag gehen soll. Er bittet derzeit per Brief Bundestagsabgeordnete um Unterstützung. Es gilt allerdings als eher unwahrscheinlich, dass er dabei Unterstützung von CDU/CSU und FDP bekommen wird.

Auch die Stadtwerke Ulm machen klar, dass die Gesetzesnovelle dringend erforderlich ist. Je später eine Gesetzesänderung komme, desto knapper werde der Zeitraum für die Umsetzung. Das erschwere die Umsetzung notwendiger Maßnahmen erheblich, zumal der Druck auf die Netzinfrastruktur durch den weiterhin starken Ausbau der Photovoltaik steige. Ein Pressesprecher sagt, dass die Netzkapazitäten durch die Zunahme dezentraler Einspeisung, etwa durch kleine PV-Anlagen, zunehmend knapp werden. Langfristig halten die Stadtwerke eine Reihe von Maßnahmen für notwendig, darunter einheitliche und verbindliche Vorgaben, auch mit Strafzahlungen, um ein geregeltes Zusammenspiel aller Marktteilnehmer sicherzustellen. Neue Instrumente und Anreize müssten für mehr Flexibilität sorgen. Auch dürfe es nicht jährlich grundlegende Gesetzesnovellen geben. Und auch die finanziellen Rahmenbedingungen für Investitionen in die Netzinfrastruktur müssten verbessert werden.

Bei dem größten Verteilnetzbetreiber in Baden-Württemberg, der Netze BW, geht man davon aus, dass die neue Bundesregierung die Regelungen aus dem Entwurf der vorliegenden Novelle des Erneuerbare-Energien-Gesetzes weiterverfolgen wird, die der Vermeidung von PV-Mittagsspitzen dienen, so eine Sprecherin. Denn derzeit haben Netzbetreiber nur die Möglichkeit, die Einspeisung bei Anlagen über 100 Kilowatt Leistung zu steuern. Das Ziel des Gesetzesentwurfs ist es, dass die Netzbetreiber bei Bedarf auch kleiner Anlagen – mit Ausnahme von Balkonkraftwerken – künftig steuern können und so durch Herabregelung bei einem Überangebot an Strom und geringer Abnahme das Stromnetz stabilisieren können. Doch dabei gibt es derzeit auch noch eine technische Hürde: Die notwendigen Messsysteme und Steuerboxen stehen noch nicht oder nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung.

Steuerungspflicht für kleine Anlagen verschieben

Der Branchenverband „Plattform Erneuerbare Energien BW“ unterstützt die Planungen „die Sichtbarkeit und Steuerbarkeit von Erneuerbaren-Energien-Anlagen im gesamten Stromnetz zu erhöhen“ im Grundsatz. Der Verband spricht sich dafür aus, die Novelle schnell durch den Bundestag zu bringen. Allerdings mit Änderungen: Viele Verteilnetzbetreiber sehen den Bedarf einer Steuerung von Kleinstanlagen nicht vor 2030. Deshalb rät der Verband, die Steuerungspflicht für diese Anlagen auf einen Zeitpunkt zu verschieben, an dem die dazu notwendige Steuertechnik vorhanden und erprobt ist.

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