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Im Grundsatz gut, aber viel Änderungsbedarf: Kritik an der Novellierung des SWR-Rundfunkstaatsvertrag
Stuttgart. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk soll reformiert werden. Ende Oktober haben sich die Länderchefs auf einige zentrale Maßnahmen geeinigt. Lediglich zum Thema Erhöhung der Rundfunkbeiträge gibt es noch viel Diskussionsbedarf. Während der grundlegende Rundfunkstaatsvertrag für alle gilt, arbeiten die Länder jeweils ihren eigenen aus. So auch der Südwestrundfunk (SWR). Der hatte im Internet Bürger, Bürgerinnen, Vereine, Gremien und Verbände aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz bis 26. November zur öffentlichen Anhörung geladen (wir berichteten in der Ausgabe vom 15. November). Es gingen zahlreiche Verbesserungsvorschläge ein, aber auch Kritik an den geplanten Maßnahmen.
Der SWR sieht in seiner Novelle unter anderem vor, die durch die Fusion von SDR und SWF entstandenen und noch vorhandenen Doppelstrukturen abzubauen sowie die Direktion und die Gremien zu verschlanken. So soll der derzeit 74-köpfige Rundfunkrat auf 52 Mitglieder reduziert, modernisiert und verjüngt werden und der Verwaltungsrat, von derzeit 18 auf 12 Mitglieder schrumpfen und spezialisiert werden.
Was die Reduktion betrifft, hagelt es die meiste Kritik, unter anderem seitens der Vorstände der SWR-Gremien, aber auch seitens der Landesgruppen der Gewerkschaft Verdi, des Landesfrauenrats (LFR BW) und Landesjugendrings (LJR). Verdi schlägt sogar vor, die Zahl der Mitglieder des Verwaltungsrates zu erhöhen. Aber auch die Tatsache, dass in Zukunft die Mitglieder Sachverständige sein müssen, stößt auf wenig Verständnis.
Verbände kritisieren den Fokus auf Experten im Verwaltungsrat
Wirtschaftsprüfer etwa würden ohnehin vom Verwaltungsrat für den SWR bestellt und könnten bei Fragen jederzeit auch heute schon hinzugezogen werden, so der LJR. Und die Vorstände der SWR-Gremien: „Hierdurch wird dem Rundfunkrat die Möglichkeit genommen, geeignete Personen in den Verwaltungsrat zu senden, die nach dem Staatsvertrag lediglich die ,falsche Ausbildung‘, jedoch die notwendige Erfahrung bspw. durch Tätigkeiten in Institutionen, Unternehmen, Beiräten etc. haben.“
Außerdem beanstanden der LJR wie auch der LFR, dass sie jeweils ihren Sitz im Rundfunkrat verlieren, mit Landesfamilien- und Landesseniorenrat zusammen in einen „Korb“ gelegt werden und sich in Zukunft dann alle einen Sitz teilen sollen. Immerhin stellen Frauen mehr als 50 Prozent der Bevölkerung, und junge Leute sollen eigentlich verstärkt miteinbezogen werden, so die Argumentation.
Zudem gibt es die Befürchtung einer verstärkten politische Einflussnahme auf den SWR. Der Grund: Der Ausschuss des Landtags soll die Einzelpersonen wählen, die in Zukunft im Rundfunkrat sitzen, sowie auch den Vertreter aus besagtem Korb bestimmen, falls die Verbände sich nicht einigen können. Hinzu kämen die sechs Sitze für die Abgeordneten, deren Gewicht im baden-württembergischen Teil des Rundfunkrats so prozentual steigt – von 15,68 Prozent auf 20 Prozent. Die Gremien schlagen daher vor, für Einigungsverfahren einen Wahlausschuss aus dem jeweils aktuellen Rundfunkrat zu bilden.
Verdi beanstandet weiter, dass das länderspezifische Programm ausgeweitet werden soll. Das strapaziere die Finanzen und bringe nicht unbedingt mehr „regionale Qualität, sondern aufwendige Abstimmungen darüber, welche Sendungen regional sind und welche unter der Überschrift ,zentral‘ firmieren“. Auch von privater Seite gibt es Schelte: Das Programm – von Radio und TV – wird als „Wettbewerb um die anspruchsloseste Rentnerbelustigung“ abgestraft, der Wunsch nach „mehr konstruktiv-kritischem Journalismus“ statt „belehrend-aktivistischen“ Tönen geäußert und das Intendantenmodell hinterfragt. Zu wenig Bürgernähe und fehlendes Engagement in der regionalen Filmwirtschaft lautet ein weiteres Urteil.
Das fehlende Engagement nehmen dann auch der Filmverband Südwest und die IHK Reutlingen auf. In ihrer gemeinsamen Stellungnahme werden sie deutlich: Der SWR vergebe zu wenig Aufträge an hiesige Filmschaffende. Mehr als 70 Prozent der Produktionsaufträge gingen an Produktionsfirmen außerhalb des SWR-Sendegebiets.
Filmverband fordert Einführung einer Quote für Aufträge
Laut Produzentenbericht des SWR für 2023 wurden mehr als 65 Millionen Euro in anderen Bundesländern und im Ausland ausgegeben. „Bei keiner anderen der großen ARD-Anstalten wurde prozentual so wenig Geld vor der eigenen Haustür investiert wie beim SWR, der zweitgrößten Landesrundfunkanstalt“, so die Verfasser. Sie schlagen die „verbindliche Einführung einer Quote“ zur Vergabe von Aufträgen vor: 60 Prozent der Aufträge sollen in Zukunft an Firmen aus dem Sendegebiet gehen.