Themen des Artikels
Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen
KI in der Bau- und Immobilienwirtschaft: „Wir sparen 90 Prozent Zeit, um ein Angebot zu erstellen“
Stuttgart . Die Jobbeschreibung von Patrick Theis klingt ungewöhnlich: KI-Visionär und Digitalisierungsstratege. Zusammen mit seinem sechsköpfigen Team hat Theis für Drees & Sommer eine hauseigene KI entwickelt. Bei dem Beratungsunternehmen für den Bau- und Immobiliensektor in Stuttgart nutzt schon jeder zehnte der weltweit rund 6000 Mitarbeiter die KI.
„Wenn ich mich aus der Masse abheben will, muss ich mehr bieten als Copilot“, sagte Theis am Montag auf einer hauseigenen Veranstaltung vor Experten aus der KI- und Technologiebranche. Der KI-Assistent von Microsoft, der auf der GPT-4-Architektur basiert, hilft bereits Hunderten von Drees & Sommer-Mitarbeitern bei der Informationssuche. Doch die im Haus entwickelte eigene KI soll wesentlich mehr können. „Uns war schnell klar, dass wir komplette Prozesse in unserem Unternehmen abbilden wollen“, erklärte Theis.
KI unterstützt den gesamten Prozess zur Angebotserstellung
Schon heute nutzen die Berater und Ingenieure die hauseigene KI, um automatisiert Angebote für Bauherrn zu erstellen. „Wenn wir eine Anfrage erhalten, unterstützt die KI den gesamten Prozess der Angebotserstellung“, sagt Theis. In einem ersten Schritt analysiert die KI etwa die Daten aus der Anfrage und prüft, ob das Projekt für das Unternehmen interessant ist. Nur 20 bis 30 Sekunden dauert es, bis die KI den Ingenieuren alle wichtigen Fragen dazu beantworten kann, erzählt Theis.
Sie übernimmt dabei viele Routinearbeiten. „Die KI schaut, welcher Kollege bereits ein ähnliches Projekt realisiert hat, welche Projektreferenzen wir vorlegen können, oder füllt automatisch die Daten für die Pre-Qualifikation aus. Mithilfe der KI sparen wir rund 90 Prozent der Zeit, um ein Angebot zu erstellen“, sagte Theis. Als weiteren Vorteil haben die Mitarbeiter mehr Freiraum. „Sie können sich auf das Wesentliche konzentrieren und besser auf Kundenwünsche eingehen“, berichtete er.
„KI ist gekommen, um zu bleiben“, ist Jan Zipp überzeugt. Der Manager der KI-Allianz Baden-Württemberg arbeitet daran, im Südwesten ein wettbewerbsfähiges Ökosystem für Künstliche Intelligenz aufzubauen. Hinter der KI-Allianz stehen Partner aus den Regionen Stuttgart, Karlsruhe, Neckar-Alb, Freiburg, Nordschwarzwald und dem Ostalbkreis. Mit finanzieller Unterstützung des Landes wollen sie ein Gegengewicht zur übermächtigen Konkurrenz aus den USA und China aufbauen. „Dort finden die großen Innovationen im Bereich KI statt“, sagte Zipp. Es werde für die hiesige Wirtschaft nicht einfach sein, den Anschluss zu halten. „Beim Thema KI müssen wir weg von einem reaktiven, hin zu einem proaktiven Verhalten kommen, rät er und wirbt für das Netzwerken: „Durch den Zugang zu einem breiten Spektrum an Kompetenzen und Technologien sind Unternehmen in der Lage, ihre KI-Strategien schneller und effizienter umzusetzen.“
Für die Pioniere steckt viel Musik im Thema. „Schon jetzt sehen wir, dass sich KI-basierte Lösungen in die Planungs- und Bauprozesse integrieren lassen“, sagt Michael Bauer, Partner bei Drees & Sommer. Das reiche von der automatisierten Erstellung von Bauplänen über die Optimierung von Energie- und Materialflüssen bis hin zu präzisen Kostenprognosen. Um hier schneller voranzukommen, kauft Drees & Sommer kräftig Know-how am Markt ein. So haben die Immobilien- und Bauplanungsspezialisten in das Start-up Aedifion aus Köln investiert, das die Gebäudetechnik mit KI steuern will.
KI generiert Handlungsempfehlung für Gebäudebetreiber
Das 2017 gegründete Unternehmen betreibt eine Cloud-Plattform, auf der Daten aus dem Betrieb von Gebäuden in Echtzeit erfasst werden. Künstliche Intelligenz hilft, sie zu analysieren und daraus gezielte Handlungsempfehlungen für die Betreiber zu generieren“, erklärte Johannes Fütterer, Gründer und CEO. Er geht davon aus, dass sich so Energieverbrauch und Betriebskosten von Gebäuden um bis zu 40 Prozent senken lassen.
Fabriken steuern mit digitalem Zwilling und Metaverse
Zusammen mit T-Systems und Nvidia treibt Drees & Sommer das Thema Smarte Fabriken voran. Mit dem digitalen Zwilling und dem Industrial Metaverse lässt sich das Zusammenspiel von Gebäuden, Betrieb, Maschinen, Anlagen, Lieferketten, Bauteilen und Menschen nahezu eins zu eins digital simulieren. Mögliche Kollisionen lassen sich dadurch schon in der virtuellen Welt erkennen, damit im realen Werk von Anfang an alles fehlerfrei laufen kann.