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OB Klopfer: „Das Ereignis belastet unsere Stadt ohne Zweifel“
Esslingen. Der Notruf geht kurz nach 7 Uhr ein. Nachbarn hören einen Streit, Knallgeräusche, dann brennt es in der Esslinger Altstadt. Dort spielen sich am Morgen dramatische Szenen ab: Eine junge Frau rettet sich mit einem Sprung aus dem Fenster und kommt schwer verletzt ins Krankenhaus. Den 76 Jahre alten Eigentümer des Hauses rettet die Feuerwehr mit einer Drehleiter von einem Balkon des brennenden Gebäudes. Spezialkräfte der Polizei durchsuchen das Haus. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei sind vermutlich Mietstreitigkeiten eskaliert.
„Der schwere Unfall vor wenigen Wochen und das gestrige Ereignis belasten unsere Stadt ohne Zweifel. Mich als Oberbürgermeister aber vor allem die vielen, vielen Einsatzkräfte und Mitarbeitenden, die extrem gefordert waren und weiterhin sind“, sagt Matthias Klopfer dem Staatsanzeiger. Erst im Oktober hatte es einen tragischen Unfall in der Stadt am Neckar gegeben: Damals war ein Autofahrer auf einen Gehweg geraten und hatte dort mit seinem Wagen eine 39-Jährige und ihre drei und sechs Jahre alten Söhne erfasst. Die drei starben noch an der Unfallstelle. „Es ist eine traurige Zeit und unsere Gedanken sind vor allem bei den Opfern und den Hinterbliebenen.“
Sicherheit als wichtigste Aufgabe
Pressesprecherin Nicole Amolsch teilt mit, dass es eine der wichtigsten Aufgaben als Stadtverwaltung ist, für die Sicherheit und Ordnung in der Stadt zu sorgen – gemeinsam mit der Polizei. Diese Aufgabe werde sehr ernst genommen, „so haben wir beispielsweise den Kommunalen Ordnungsdienst personell auf aktuell 14 Mitarbeitende aufgestockt.“ Klar sei aber auch, dass solche Ereignisse wie gestern im Kronenhof in einer offenen Gesellschaft auch durch eine erhöhte Polizeipräsenz nicht verhindert werden können, fügt Amolsch hinzu.
Wie steht es um die allgemeine Sicherheit in der 95.000-Einwohner-Stadt? Dazu haben das Polizeirevier Esslingen und das Ordnungsamt kürzlich im Verwaltungsausschuss ausführlich berichtet. Im Vergleich zu anderen ähnlich großen Städten wie Ludwigsburg, Reutlingen oder Tübingen gibt es in Esslingen wesentlich weniger Straftaten.
Konkret wurden im vergangenen Jahr 4.507 Straftaten angezeigt, im Vorjahr waren es noch 4.171. Steigerungen gab es vor allem im Bereich Körperverletzungs- und Diebstahlsdelikte, gesunken ist dagegen die Anzahl an Wohnungseinbrüchen, an allgemeinen Sachbeschädigungen und Sachbeschädigungen an Fahrzeugen.
Projekt „Mobile Wache“
Aktiv ist die Stadt auch im Bereich rund um den Bahnhof, der von vielen Bürgerinnen und Bürgern als unsicher empfunden wird. Dort war zwischen Mitte April und Mitte Oktober – also in den Sommermonaten – zum ersten Mal eine „Mobile Wache“ der Stadt tätig. Zwei Mitarbeitende des Kommunalen Ordnungsdienstes (KOD) zeigten donnerstags bis samstags am Nachmittag, Abend und am Wochenende bis in die frühen Morgenstunden Präsenz am Bahnhofplatz und den umliegenden Bereichen.
„Das Angebot ist ein direkter Anlaufpunkt für Bürgerinnen und Bürger. Unsere Mitarbeitenden sind vor Ort präsent, hören zu und unterstützen bei kleinen und großen Fragen“, erklärt der für Sicherheit und Ordnung zuständige Bürgermeister Yalcin Bayraktar. Im kommenden Jahr soll das Projekt „Mobile Wache“ evaluiert werden. Für den nächsten Doppelhaushalt 2026/2027 plant die Verwaltung zwei zusätzliche unbefristete Stellen, die unter dem Vorbehalt der Haushaltsgenehmigung durch den Gemeinderat stehen
Mieter soll Sohn des Vermieters getötet haben
Am Donnerstagmorgen kam es zu einem Großeinsatz im Kronenhof, nachdem Nachbarn einen Streit und Knallgeräusche hörten und es zu einem Brand kam. Bei der Durchsuchung des Hauses durch Spezialkräfte wurden zwei Männer tot aufgefunden – der 31-jährige Sohn des Hauseigentümers und ein ebenfalls in dem Gebäude wohnender 61 Jahre alter Mieter. Nach ersten Erkenntnissen der Polizei sind vermutlich Mietstreitigkeiten eskaliert. Der Mietvertrag des 61-Jährigen sei bereits seit längerem vom Vermieter gekündigt worden, teilten Polizei und Staatsanwaltschaft am Nachmittag mit. Die Zwangsräumung der Wohnung habe wohl für den Folgetag angestanden.
In diesem Zusammenhang soll es schon mehrfach zu Streitigkeiten zwischen Mieter und Vermieter gekommen sein. Die beiden Toten sowie die verletzte 32-Jährige und der Eigentümer wohnten laut Polizei alle in dem Mehrfamilienhaus am Rande der Esslinger Altstadt. „Nach derzeit vorliegenden Erkenntnissen besteht der Verdacht, dass der Mieter für den Brand in dem Gebäude und für den Tod des 31-Jährigen verantwortlich ist und danach sich selbst tötete“, heißt es von der Polizei.
Beide Männer kamen mutmaßlich durch Schüsse ums Leben, laut Polizei wiesen sie Schussverletzungen auf. Die möglichen Tatwaffen seien gefunden und sichergestellt worden. Beide Toten sollen nun obduziert werden. Die letztendliche Klarheit zur Todesursache müsse die Obduktion der beiden Leichen bringen.
Anwohner vor Rauchgasen gewarnt
Das Haus, in dem es im Dachgeschoss brannte, sowie vorsorglich ein Nachbargebäude wurden geräumt. Die Löscharbeiten der Feuerwehr dauerten bis zum Nachmittag an. Anwohner wurden unter anderem über die Notfall-App Katwarn vor Rauchgasen gewarnt – sie sollten Fenster und Türen geschlossen halten. Über der Innenstadt der knapp 100.000-Einwohner-Stadt östlich von Stuttgart lag beißender Rauchgeruch. Ein Ausbreiten des Feuers auf Nachbargebäude kann die Feuerwehr in der eng bebauten Altstadt immerhin zunächst verhindern.
Anwohner hört „Explosionen“
„Ich habe geschlafen, dann habe ich vier Explosionen gehört“, sagte ein Nachbar einem dpa-Reporter. Er sei im Anschluss auf die Straße gegangen und habe eine Rauchwolke gesehen. Die Polizei sprach von „Knallgeräuschen“. Entschärfer des Landeskriminalamtes sowie ein Spezialeinsatzkommando waren deshalb an dem Großeinsatz von Polizei und Feuerwehr beteiligt.
Die Straße rund um den Brandort war seit dem frühen Morgen weiträumig abgesperrt. Ein Hubschrauber dokumentierte den Einsatz von oben und unterstützte die Feuerwehr mit Hinweisen fürs Löschen. Die Löscharbeiten in der Altstadt gestalteten sich nach Angaben von Oberbürgermeister Matthias Klopfer (SPD) schwierig. Es waren demnach knapp 100 Feuerwehrleute im Einsatz.
Gefahr für die Bevölkerung bestand jedoch nicht, teilte die Polizei mit. „Die Lage vor Ort ist unter Kontrolle“, hieß es. Betroffene würden vom Rettungsdienst und Mitarbeitern der psychosozialen Notfallversorgung betreut. Die Kriminalpolizei nahm die Ermittlungen auf. (ph/dpa/lsw)