Landtag fordert Maßnahmen gegen moderne Sklaverei
Stuttgart. Zum Internationalen Tag zur Abschaffung der Sklaverei hat der Landtag einstimmig eine weitreichende Aufforderung an die Landesregierung beschlossen. Denn die solle sich, heißt es in dem entsprechenden SPD-Antrag, „ihrer globalen Verantwortung und Solidarität nachkommen und sich im Sinne der Konvention der Vereinten Nationen über die Bekämpfung des Menschenhandels und der Ausbeutung anderer Personen sowie der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten für die Bekämpfung der modernen Sklaverei und des Menschenhandels einsetzen“.
Zugleich kritisierte Daniel Lindenschmid (AfD) die Debatte aber als „heuchlerisch“. Denn Menschenhändler in der Prostitution seien „zum weit überwiegenden Teil skrupellose Ausländer, die wir selber ins Land gelassen haben“. Und dazu sei „Sklaverei im Inland ist pfui, im Ausland legt man die Augenklappen an, wie bei ideologischen Großprojekten wie der Energiewende“. Sowohl Photovoltaik wie E-Auto-Batterien kämen ohne Sklaverei und Ausbeutung nicht aus.
„Moderne Sklaverei“
„Wir leben in einer Zeit der modernen Sklaverei mit Menschenhandel, Prostitution und Kinderarbeit sowie Zwangsarbeit“, erklärte auch Fadime Tuncer (Grüne). Millionen von Menschen seien ihrer Menschenrechte beraubt, sie arbeiteten in prekären Verhältnissen in der Bauindustrie, die Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie sowie die Textilbranche als Opfer moderner Ausbeutungsverhältnisse und das mitten in Europa. „Wenn sogar das Wirtschaftsmagazin Capital ein Interview zum Thema mit der Überschrift ‚Jeder Deutsche beschäftigt 30 bis 50 Sklaven‘ veröffentlicht, müssen wir darüber reden“, so die Abgeordnete aus der Kurpfalz. Das Land fördere unter anderem 27 Mobile Teams, die sich sozialarbeiterisch um Opfer von Menschenhandel, ausstiegswillige Frauen sowie geflüchtete Frauen kümmerten.
Für die CDU-Fraktion erinnerte Christian Gehring an das große Dunkelfeld, weil viele Frauen aus Angst nicht bereit seien, sich den Behörden oder Beratungsstellen zu öffnen. Und er beklagte, „die Pretty-Woman-Romantik, die ich mit Verlaub zum Kotzen finde“. In der Realität gebe es sehr viel Leid und die Verliererinnen seien fast immer Frauen. Innenstaatssekretär Thomas Blenke (CDU) hofft, dass Ermittler künftig besser „in den Menschenhandel hinein leuchten können“, etwa die Ermittlungsgruppe zur Schleuserkriminalität oder die neue Ermittlungsgruppe zur Finanzkriminalität.
Großes Dunkelfeld
„Im Kampf gegen diese menschenverachtenden Machenschaften darf es kein politisches Kalkül geben“, forderte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der FDP Julia Goll. Es brauche parteiübergreifende Anstrengungen, „die gar nicht groß genug sein können, die internationale Gemeinschaft muss diese Delikte geeint ächten“. Auch Goll beklagte das Dunkelfeld, zugleich gebe es „beeindruckenden Hilfs- und Beratungsangebote im Land“, um Opfern zu helfen, sich zu offenbaren. Konkret verlangt die FDP-Fraktion vom Innenministerium Zwangsverheiratung als Menschenhandelsdelikt in die Polizeiliche Kriminalstatistik aufnehmen, um einer aktuellen Verordnung der EU zu entsprechen.
Sebastian Cuny (SPD) blickte über das Land hinaus auf die weltweite Situation. Über 50 Millionen Menschen seien Opfer moderner Sklaverei: „Sie leisten Zwangsarbeit, Kinderarbeit, werden aufgrund ihrer Abstammung unterworfen, erfahren häusliche Sklaverei, werden zwangsverheiratet, als Kinder in bewaffneten Konflikten als sogenannte Kindersoldaten zwangsrekrutiert oder sie werden Opfer von Menschenhandel zum Zweck der Ausbeutung.“ Und die Zahlen stiegen selbst in Baden-Württemberg Jahr für Jahr, „und von in der Statistik erfassten bekannten Fälle sind nur die Spitze des Eisbergs“.