Themen des Artikels

Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen

Interview

Hans-Ulrich Rülke: „Wir haben keine Angst vor Neuwahlen“

Hans-Ulrich Rülke (FDP) ist in den aufgewühlten Stunden vor und nach dem Aus der Ampel ein gefragter Ratgeber in seiner Partei: Weil er die Fraktionsvorsitzenden-Konferenz aus den 16 Bundesländern leitet und daher viel weiß über die Stimmung in der ganzen Republik. Und weil er gute Ratschläge geben kann als künftiger starker Mann, als Fraktions- und Parteichef in dem FDP-Landesverband, der noch nie aus dem Parlament gefallen ist.   

Hans-Ulrich Rülke (FDP) spricht über die politischen Herausforderungen nach dem Aus der Ampelkoalition.

dpa/Bernd Weißbrod)
Hat Sie das Aus für die bisherige Drei-Parteien-Koalition in Berlin am Tag nach der Präsidentenwahl in den USA überrascht?

Mir war immer klar, dass die Differenzen so groß sind, dass es auch zum Bruch kommen kann und dass es dann bei uns auch kein großes Bedauern geben wird. Aber ich habe nicht damit gerechnet, dass ein Bundeskanzler einen Koalitionspartner dazu auffordert, die Verfassung zu brechen wie bei der Schuldenbremse. Und dass er, wenn die FDP und Christian Lindner dazu nicht bereit sind und Neuwahlen vorschlagen, als Kanzler den Bundesfinanzminister entlässt, um mit einem vorbereiteten Statement per Teleprompter vor die Medien zu treten.

Olaf Scholz beklagt seinerseits fehlende Kompromissfähigkeit bei der FDP.

Ich auch, bei SPD und Grünen. Für uns wird auch jetzt in der Opposition gelten, dass wir zur Verfügung stehen, wenn es darum geht, sinnvollen Regierungsvorschlägen zur Mehrheit zu verhelfen. Wir sind aber dazu bereit, rasch den Bundestag aufzulösen und zu einer neugewählten Regierung zu kommen, bis Donald Trump Ende Januar sein Amt antritt.

Wie nehmen Sie die Stimmung in Ihrer Partei wahr?

Dass sehr viele Mitglieder zufrieden sind mit der Art und Weise, wie die FDP-Haltung zeigt. Und dass viele gar nicht bange auf Neuwahlen schauen. Das ist wie in einer Ehe. Wenn die zerrüttet ist, muss man sie beenden und das muss gar keine Katastrophe sein für beide Seiten, sondern es kann auch große Chancen zum Neuanfang bieten.

Aktuell sieht sich die FDP im Bund aber eher der Katastrophe gegenüber, dem Ausscheiden aus dem Bundestag …

… das kann sein, muss aber nicht. Wir haben keine Angst vor Neuwahlen.

Sie sind ein Optimist.

Es überrascht Sie vielleicht, was ich jetzt sage, aber die Ampel war in verschiedenen Punkten inhaltlich besser als ihr Ruf. Ich habe selber die Kapitel zur Migration in den Koalitionsverhandlungen mitverhandelt. Es ist in diesem Bereich richtig, für einen Spurwechsel in den Arbeitsmarkt zu sein, für eine Punkteregelung oder für Anwerbezentren. Die Ampel hat auch in der gesellschaftspolitischen Modernisierung Erfolge vorzuweisen, die klar erkennbar sind, die aber nicht zu einer Belohnung durch Wählerinnen und Wähler geführt haben.

Das klingt danach, dass es der FDP gar nicht so unrecht wäre, würde erst im März gewählt, um Erfolge besser bekannt zu machen. Oder sogar um Punkte zu sammeln dadurch, dass sie doch gelegentlich mit der Minderheitsregierung aus SPD und Grünen zusammenarbeitet.

Wir haben dem Kanzler Neuwahlen sofort vorgeschlagen. Er will das erkennbar nicht, was wir für falsch halten. Sie haben aber recht, es kann so sein, dass, wenn wir Vorhaben zustimmen, die für richtig und notwendig halten, sich durchaus noch strategische Vorteile für uns ergeben können.

Zum Beispiel?

In Fragen der Steuerentlastung. Die Rentenpolitik von Herrn Heil ist dagegen für den Reißwolf.

Sehen Sie Auswirkungen vom Bund auf unser Land?

Ein Blick in die Landesverfassung zeigt, dass vorgezogene Wahlen bei uns gar keine Alternative sind. Die wird es auch nicht geben. Ich bin FDP-Spitzenkandidat, ich will ein gutes Ergebnis einfahren. Und es ist ja auch bekannt, dass wir eine Regierung mit der CDU anstreben …

… was nach der gegenwärtigen Demoskopie aber nicht möglich ist.

Nach der gegenwärtigen Demoskopie, Sie haben recht. Ich will an unsere Erfolge anknüpfen und halte Dreierkonstellationen im Übrigen auch nicht für grundsätzlich kompliziert. Es müssen dabei die Basis und auch das persönliche Vertrauen stimmen.

Könnte es nach Volker Wissings Austritt aus Ihrer Partei Nachahmer geben?

Ich kenne bisher keinen weiteren Namen. Ich kann nur wiederholen: Ich nehme wahr, dass sehr viele Mitglieder zufrieden sind, dass und wie die FDP-Haltung bewiesen hat.

Nutzen Sie die Vorteile unseres

Premium-Abos. Lesen Sie alle Artikel aus Print und Online für

0 € 4 Wochen / danach 189 € jährlich Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren

Lesen Sie auch