Hans-Ulrich Rülke wird auch FDP-Parteichef
Stuttgart. FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke will nun auch Parteivorsitzender der Südwest-Liberalen werden. Der Reutlinger Bundestagsabgeordnete Pascal Kober hatte Interesse an der Doppelspitze gezeigt, konnte sich in den internen Verhandlungen aber nicht durchsetzen. Am Dienstagnachmittag wurde der Presse die Lösung präsentiert. Kober gibt sich mit dem Amt des ersten Stellvertreters zufrieden.
„Es gab weder Drohungen noch Versprechungen“, erklärte Rülke auf die Frage, wie die Einigung mit Kober und insgesamt zustande kam. Zum ersten Mal seit Mitte der Neunziger-Jahre und der Ära von Walter Döring werden allerdings beide Führungspositionen in der FDP in eine Hand gelegt. Mehr noch: Bei der Präsentation des Personaltableaus erklärte Benjamin Strasser, Staatssekretär im Bundesjustizministerium, das Ziel der Partei sei, Rülke zum stellvertretenden Ministerpräsidenten zu machen. Strasser hätte sich vorstellen können, Kober als Generalsekretär zur Seite zu stehen. Jetzt soll auch er stellvertretender Landesvorsitzender werden und versprach, „wie der VfB“ erfolgreich auf Teamgeist zu setzen.
Überhaupt war viel die Rede von der neuen „breiten Aufstellung“. Einmal jedoch ließ der 54-Jährige Kober mit der Erfahrung des Militärseelsorgers dann doch eine gewisse Distanz zum bekennenden Offensivspieler Rülke (63) durchblicken: Als er die jetzt gefundene Lösung überzeugend dank der „unterschiedlichen Charaktere und Politikstile“ nannte. Gerade in den vergangenen Tagen hatte es intern noch Kritik am Fraktionschef gegeben, weil er Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) wegen seines Wechsels in die Landespolitik als „Ampelflüchtling“ bezeichnet hatte.
Am Dienstag wiederholte Rülke den Begriff nicht, nannte es aber „erkennbar, dass Özdemir vor Irrungen und Wirrungen der Ampel in Berlin in die Landespolitik ausweichen möchte“. Den CDU-Fraktions- und Landeschef Manuel Hagel hingegen lobte er als „starken Kandidaten“. Der einstige Studienrat Rülke strebt sogar an, die SPD im Land zu überholen, um in einer Dreierkonstellation aus CDU, FDP und SPD selber stellvertretender Regierungschef zu werden. In aktuellen Umfragen ist die Reihung allerdings eine andere: Die Sozialdemokraten stehen in Baden-Württemberg stabil bei 13 Prozent, die Liberalen dagegen bei fünf bis sechs.
Rülkes Einfluss ist auch auf Bundesebene nicht unerheblich, weil er bereits seit 2018 – nicht etwa turnusmäßig, sondern gewählt – die Fraktionsvorsitzendenkonferenz seiner Partei leitet. Den Fortbestand der Bundesregierung hält er für möglich, sollte es zu einer Einigung der drei Koalitionspartner auf die Vorstellungen des Bundesvorsitzenden Christian Lindner kommen. Er nannte die Abschaffung des Solidaritätszuschlags und „ein realistischere Perspektive für die Klimaneutralität Deutschlands“. Wenn nicht, werde sich zeigen, „dass es schwierig wird für die Ampel“.
Im baden-württembergischen FDP-Landesvorstand verbleiben die Zweite. Stellvertretende Landesvorsitzende Gabriele Heise, die Generalsekretärin Judith Skudelny, sowie die Landtagsabgeordneten Jochen Haussmann als Schatzmeister und Timm Kern. Sie werden sich, anders als Rülke, Kober und Strasser, nicht vorgezogen auf dem Dreikönigsparteitag, sondern erst im Sommer einer dann regulären Wahl stellen. „Es gab weder Drohungen noch Versprechungen“, erklärte Rülke auf die Frage, wie die Einigung mit Kober und insgesamt zustande kam.