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Energieforschung: Photovoltaik und Ackerbau verbinden
Stuttgart. Eine Ackerfläche, darüber ein Stahlgestell, auf dem sich in circa fünf Meter Höhe eine lichte Anordnung von Solarpaneelen befindet. Denn hier geht es nicht nur um die Gewinnung erneuerbarer Energie, auf dem Acker soll auch wie bisher etwas wachsen: Kartoffeln, Weizen oder Soja.
Agri-Photovoltaik bietet die Möglichkeit, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: Energie- und Nahrungsmittelproduktion auf einer Fläche. Damit das funktioniert, verstärkt die Universität Hohenheim ihre Forschung zur Agri-Photovoltaik.
Auf der Versuchsstation Ihinger Hof in Renningen wird die erste Pilotanlage im Rahmen der baden-württembergischen „Modellregion Agri-Photovoltaik“ errichtet, die sich intensiv mit den Auswirkungen dieser Technologie auf den Ackerbau beschäftigt. Das Land Baden-Württemberg fördert den Bau der Anlage mit 600000 Euro, die damit zu den „Schwergewichten der Forschung“ in Hohenheim gehört.
Forschungsanlage erlaubt intensivere Messungen
„Bisher konnten wir eine Praxisanlage nahe dem Bodensee wissenschaftlich begleiten, aber da sind wir nur Gäste“, sagt Andreas Schweiger, Junior-Professor am Institut für Landschafts- und Pflanzenökologie der Uni Hohenheim. „Wir wollen den Betrieb ja nicht behindern. Eine Forschungsanlage bietet ganz andere Möglichkeiten, um Messungen intensiver zu betreiben.“
Photovoltaik und Landwirtschaft werden mittlerweile immer enger zusammengedacht. Energieanlagen über Obstanlagen, in Weinbergen und über Ackerflächen: möglich istdas allemal. Welche Voraussetzungen aber dafür nötig sind, wie die Anlagen Anbau, Pflege und Ertrag beeinflussen, das muss erforscht werden, um Energiewirtschaft und Bauern Wissen an die Hand zu geben, wie solche Kombi-Anlagen umgesetzt werden können.
Forschungsprojekte gibt es zu Sonderkulturen wie Obst- oder Weinbau, in Hohenheim steht der Ackerbau im Fokus. „Der Haupteffekt, den die Anlagen auf Ackerkulturen haben, ist die Verschattung“, sagt Schweiger. „Das kann ein Nachteil für das Pflanzenwachstum sein, bei trockener Witterung, wie wir sie in den letzten Jahren hatten, kann sich das aber auch ins Positive verkehren.“
Die Sonneneinstrahlung und eine sinkende Verdunstung ist das eine, die Anlagen bieten andererseits aber auch Schutz vor Frost und Hagel. Außerdem können sie den Einsatz von Pestiziden reduzieren. „Die Agri-Photovoltaik kann ein Gewinn sein, nicht überall, nicht für alle Kulturen, nicht unter allen Umständen“, meint Schweiger. „Bisher gibt es nur große Prognosen, was in Kombination funktioniert, und auch nicht für jeden Standort.“ Die Bauern wünschen sich einfache Antworten – wie sich Agri-Photovoltaik gut umsetzen lasse, „hängt von vielen Parametern ab“, so Schweiger.
Reaktion der Pflanzen auf mehr Schatten wird getestet
Diese will man in Hohenheim nun genauer erforschen. Einmal geht es um die Anforderungen an die Kultivierung, aber eventuell spielen auch neue Züchtungen eine Rolle. „Pflanzen passen sich physiologisch an die neuen Bedingungen an, lernen etwa, mit dem Schatten umzugehen.“ Das Potenzial sei in den Ackerkulturen vorhanden, sodass sich Sorten züchten ließen, die tendenziell besser mit der Beschattung zurechtkommen.
Angebaut werden auf der Forschungsanlage unterschiedlichste Kulturen, sogar Mais, der viel Sonne braucht, um zu sehen, wie er auf die Verschattung reagiert. Im Fokus steht dann die Praxis: Wie wachsen die Pflanzen, welche Folgen ergeben sich für das Bodenleben, in welchem Maß siedeln sich Schädlinge an, wie kann, wenn nötig, der Pestizideinsatz gesteuert werden. Auf diese Ergebnisse warten die Landwirte.