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Ausbauplanung

Wasserstoff-Kernnetz: Große Unzufriedenheit bei Politik und Wirtschaft

Die Bundesnetzagentur hat die Pläne für den Aufbau des bundesweiten Wasserstoff-Kernnetzes genehmigt und damit den Weg für die, für die Wirtschaft wichtige Infrastruktur frei gemacht. Obwohl die eingereichten Maßnahmen für Baden-Württemberg ohne Abstriche genehmigt wurden, hagelt es aus Politik und Wirtschaft Kritik.

Rund 40 Prozent der künftigen Wasserstoffleitungen müssen neu gebaut werden.

Max Kovalenko/Terranets BW)

Stuttgart/Berlin. Exakt 9040 Kilometer lang soll das Wasserstoff-Kernnetz werden. 44 Prozent der Leitungen müssen dafür neu gebaut werden, bei 56 Prozent werden bestehende Erdgasleitungen für den Wasserstofftransport umgestellt. Diese Kerndaten hat die Bundesnetzagentur veröffentlicht, nachdem sie am Dienstag die eingereichten Planungen der Netzbetreiber genehmigt hatt.

Das Kernnetz, das Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) als „Autobahnen der Wasserstoff-Infrastruktur“ bezeichnet, fällt damit um 600 Kilometer kürzer aus, als von den Fernleitungsnetzbetreibern beantragt. In Baden-Württemberg wird es allerdings keine Abstriche geben, wie eine Sprecherin von Terranets BW gegenüber dem Staatsanzeiger bestätigte.

Die EnBW-Tochter ist Betreiber des größten Erdgas-Übertragungsnetzes im Südwesten und baut mit der Süddeutschen Erdgasleitung (SEL) aktuell auch das größte Neubauvorhaben in Sachen Gasinfrastruktur. Die Pipeline führt von Lampertheim an der hessischen Grenze ins bayerische Bissingen östlich von Heidenheim.

BWIHK-Vize sieht viele weiße Flecken im Südwesten

Vom Anfang des kommenden Jahrzehnts an soll die SEL als erste Leitung im Land für den Wasserstofftransport genutzt werden. „Die SEL wird die zentrale Versorgungsader für Wasserstoff in Baden-Württemberg“ betont Terranets-BW-Chefin Katrin Flinspach. Auch EnBW-Vorstandsmitglied Dirk Güsewell zeigt sich zufrieden: „Die Bestätigung des Antrags stellt einen wichtigen ersten Schritt in Richtung eines nationalen Kernnetzes und damit in Richtung Dekarbonisierung des deutschen Wirtschaftsstandorts dar.“

Auch Badennova-Vorstand Hans-Martin Hellebrand ist über die Entscheidung der Bundesnetzagentur erfreut. Denn beide beantragte Projekte des südbadischen Energieversorgers, RHYn Interco und H2@Hochrhein, wurden in das Kernnetz aufgenommen.

Scharfe Kritik kommt dagegen aus Wirtschaftsverbänden und der Politik. „Es ist überhaupt nicht nachvollziehbar, dass die Bundesregierung an ihrem bisherigen Plan zum Ausbau des Wasserstoff-Kernnetzes im Grunde festhält,“ moniert Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU). Damit würden weite Teile Baden-Württembergs nicht berücksichtigt und das Land gegenüber anderen Regionen benachteiligt.

Pläne für weiteren Ausbau sollen in zwei Jahren vorliegen

Auch Jan Stefan Roell, Vizepräsident des Baden-Württembergischen Industrie- und Handelskammertages (BWIHK) äußert Unverständnis: „Der Plan sticht mit vielen weißen Flächen im Südwesten Deutschlands hervor.“ Er fordert die Politik auf „den Ausgleich der Nord-Süd-Schieflage als Top-Priorität auf die Agenda zu setzen.“ Und der Hauptgeschäftsführer von Handwerk BW, Peter Haas, wirft Habeck vor, „die berechtigten Forderungen des Südwestens beim Ausbau des Wasserstoffnetzes“ zu ignorieren. In Habecks Ministerium begründet man die Verteilung damit, dass im Nordwesten viele Projekte zur Wasserstofferzeugung geplant seien.

Bei Terranets BW verweist man darauf, dass das Kernnetz nur der Anfang für den Aufbau der Wasserstoff-Infrastruktur sei. Der zweistufige Planungsprozess für die konkrete Planung der Gas- und Wasserstoffnetze habe bereits begonnen. Dabei würde auch der von Industrieunternehmen gemeldete wachsende Bedarf berücksichtigt. Im übernächsten Jahr sollen konkrete Pläne vorliegen, wie das Wasserstoff-Übertragungsnetz im Land weiter verdichtet wird. Die bundesweite Planung soll dann im Zwei-Jahres-Rhythmus anhand des Wasserstoffbedarfs der Wirtschaft aktualisiert werden.

Wasserstoffnetz wird überwiegend privat finanziert

18,9 Milliarden Euro sollen für den Aufbau des Wasserstoff-Kernnetzes nach Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums bis 2032 investiert werden. Dies soll, ebenso wie der Betrieb der Leitungen, weitgehend privatwirtschaftlich von den Übertragungsnetzbetreibern finanziert werden. Die Unternehmen können ihre Ausgaben dann über Entgelte der Kunden refinanzieren. Weil diese in der Anfangszeit eher niedrig ausfallen dürften, sollen die Netzbetreiber Defizite mit späteren höheren Einnahmen ausgleichen.

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