Die Kommunen sitzen in der Steuerfalle
Bei der Grundsteuer kommen für die Städte und Gemeinden ungünstige Faktoren zusammen. Während Betriebe nach der Reform eher weniger zahlen, müssen die Eigentümer von Ein- oder Zweifamilienhäusern umso tiefer in die Tasche greifen, erst recht, wenn sie auch noch ein unbebautes Grundstück haben. Die Grundsteuerreform verschiebt die Belastung vom Gewerbe zum Wohnen. Dieser Effekt war schon seit Jahren bekannt. Ein Bürgermeister hat sich zum Reformstart die Mühe gemacht und die Folgen des Südwest-Grundsteuermodells durchgerechnet – mit exakt diesem Ergebnis.
Nun ist die Welt seit dem Reformbeschluss im Januar 2020 eine andere. Seither gab es eine weltweite Pandemie, einen Krieg in Europa und einen Umbruch in der Autoindustrie. Fünf Jahre Krisenmodus sind für die kommunalen Kassen verheerend, sie schlagen jetzt voll durch, wo die Umsetzung der neuen Grundsteuer in die entscheidende Phase geht.
Südwest-Kommunen nehmen derzeit einen Dispo auf
Städte und Gemeinden haben inzwischen klaffende Finanzlücken. Jetzt hört man von Kämmerern einen Begriff, der in Zeiten sprudelnder Einnahmen verpönt war und den man nur von den mitleidig beäugten, weil verschuldeten Kommunen in Nordrhein-Westfalen kannte: Kassenkredit. Viele Südwest-Kommunen nehmen derzeit einen Dispo auf, um die laufenden Ausgaben zu bezahlen. Die Stadt Heidelberg benötigt 150 Millionen Euro an Kassenkrediten.
Fast zeitgleich mit der Haushaltsplanung passen viele Kommunen die Hebesätze der neuen Grundsteuer an und legen damit fest, wie viel die Bürger zu zahlen haben. Wenn das Geld knapp wird, müsste man an die Ausgaben und die Einnahmen ran: Die (moderate) Abgabenerhöhung läge da auf der Hand.
Städte sollten die Wogen vor Ort glätten
Doch dafür bräuchte es resolute Bürgermeister, die sich mit Wählern und den Grundstückseignern anlegen und sich über das Mantra des Landes hinwegsetzen, das zur Aufkommensneutralität mahnt. Das Transparenzregister des Finanzministeriums erhöht den Druck auf die Rathäuser, Unverbindlichkeit hin oder her. Seit September kann jeder Bürger im Netz nachschauen, wie hoch der Hebesatz sein muss, damit die Kommune am Ende nicht mehr Geld aus dem Grundsteuertopf schöpft als vor der Reform. Noch besser wäre ein Grundsteuermodell, das nicht zu massiven Verschiebungen unter den Grundstücksarten führt.
Auch wenn derzeit viel zur Unzeit zusammenkommt und die Reform in Zeiten voller Kassen besser gepasst hätte: Es leuchtet ein, dass die Grundsteuer nicht mehr nach einem veralteten Einheitswert ermittelt wird. Wenn die Reform ab Januar greift, sollten die Städte und Gemeinden genügend Spielraum erhalten, die Wogen vor Ort zu glätten. Sie sollten Lösungen finden dürfen für die Eigentümer, die künftig massiv belastet werden.