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Viele Firmen müssen ihre Webseiten bis Mitte nächsten Jahres überarbeiten
Offenburg. „Barrierefreiheit im Internet ist bald nicht mehr nur nice to have – sie wird jetzt zur Notwendigkeit“, sagt Christian Seifert, Chef der Digitalagentur Avenit mit Hauptsitz in Offenburg. Hintergrund: Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz tritt Mitte nächsten Jahres in Kraft. Webseiten, Onlineshops und digitale Dienstleistungen müssen dann für Menschen mit Behinderungen, Ältere oder Menschen ohne digitale Erfahrung barrierefrei zugänglich sein.
Betroffen sind alle Betriebe, die Geschäfte mit Endverbrauchern machen. Aufatmen können nur Kleinstbetriebe mit weniger als zehn Beschäftigten und entweder nicht mehr als zwei Millionen Euro Jahresumsatz oder einer Bilanzsumme von nicht mehr als zwei Millionen Euro.
Grundlage des Gesetzes ist die EU-Richtlinie 2019/882. Zusätzlich zum Gesetz hat der deutsche Gesetzgeber auch eine Verordnung zu den Details der Umsetzung erlassen, die Verordnung zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSGV) . Die Bundesfachstelle für Barrierefreiheit veröffentlicht zudem online regelmäßig weitere Infos, insbesondere Hinweise zu den einschlägigen Standards, die für die Barrierefreiheit gelten. Barrierefreiheit bedeutet dabei, dass alle Menschen ohne besondere Erschwernis auf Informationen zugreifen und Dienstleistungen nutzen können.
Barrierefreiheitserklärung muss eingebunden werden
Für Websites und Onlineshops sollten die folgenden Punkte beachtet werden: responsive Design, also eine automatische Anpassung an verschiedene Displayformate, klare Struktur der Seiten und der Texte, Verwendung von leicht verständlicher Sprache und aussagekräftiger Überschriften, gut lesbare Schriftarten, Möglichkeit zur Größenänderung der Schrift im Browser, klare, verständliche Navigation, starke Farbkontraste, präzise Beschriftungen sowie Kennzeichnungen von Elementen, um Inhalte für Screenreader leichter lesbar zu machen, Einbindung einer Sprache-zu-Text-Funktion, Alternativtexte zu Medieninhalten, Untertitel bei Video-Content und Beschreibungen bei Audio-Content und Ermöglichung der Tastaturbedienung.
Wichtig ist zudem, dass eine Barrierefreiheitserklärung eingebunden wird. Diese soll Benutzern helfen, den Zustand der Webseite in Bezug auf digitale Barrierefreiheit zu verstehen.
Wirtschaftsverbände befürchten Belastungen für Betriebe
Das Gesetz hat jedoch etliche Kritiker. Unternehmerverbände befürchten weitere Belastungen für die Betriebe. Es würden mit dem Gesetz zwar wichtige Ziele verfolgt, aber der Aufwand für die Anpassungen sei hoch. Andere wiederum bemängeln, dass das Gesetz nicht weit genug geht. Der Deutsche Blinden- und Sehbehindertenverband etwa bemängelt, es handle sich lediglich um eine Minimalumsetzung von EU-Vorgaben.
Betroffene Unternehmen jedenfalls sollten mit den Vorbereitungen beginnen. Die Anpassungen können technisch anspruchsvoll sein und erfordern eine gründliche Planung. So sollten Webseiten daraufhin geprüft werden, ob sie den Anforderungen des Gesetzes entsprechen, und welche Bereiche angepasst werden müssen. Die gesetzliche Verpflichtung zur Barrierefreiheit bedeutet für viele Firmen, dass sie in die Schulung ihrer Mitarbeiter investieren müssen, damit die Standards im Unternehmen effektiv umgesetzt werden.
Barrierefreiheit bringt mehr Bedienerfreundlichkeit für Allle
„Digitale Barrierefreiheit ist aber auch eine Chance“, meint Christian Seifert. Eine barrierefreie Website sorgt nicht nur dafür, dass Menschen mit Behinderungen leichter auf Inhalte zugreifen können, sondern verbessere zugleich die Bedienung für alle Nutzer. Das wiederum stärke die Kundenbindung und erhöhe die Reichweite. Die Sichtbarkeit in Suchmaschinen kann sich durch barrierefreie Angebote verbessern, da diese oft besser optimiert sind.
„Wer jetzt handelt, kann sich so einen Wettbewerbsvorteil sichern“, meint Seifert. Wie aufwendig die Umstellung ist, hänge vom Umfang der Website und den angebotenen Dienstleistungen ab. Wichtig ist, dass die Anforderungen des Gesetzes rechtzeitig umgesetzt werden.
Geldbußen von bis zu 100 000 Euro drohen bei Verstößen
Nach dem Inkrafttreten des Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes und der BFSGV nicht beachtet drohen Sanktionen. Je nach konkretem Verstoß können das Geldbußen von bis zu 100 000 Euro sein. Ordnungswidrigkeiten sind etwa das Inverkehrbringen eines nicht-barrierefreien Produkts, das Anbieten einer nicht-barrierefreie gestalteten Dienstleistung oder auch die Nicht-Bereitstellung von Pflichtinformationen bezüglich der Barrierefreiheit.