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Landesverfassung

FDP fordert Zweidrittelmehrheit für Verfassungsrichter

In Thüringen und Brandenburg hat die AfD nach den Wahlen eine Sperrminorität. In Baden-Württemberg bereitet man sich auf derartige Fälle vor. Die FDP fordert, Verfassungsrichter mit Zweidrittelmehrheit zu wählen, macht sich aber auch darüber Gedanken, was passieren soll, wenn die AfD im Land mehr als ein Drittel der Mandate erhält.

Die AfD - hier Fraktionschef Anton Baron - versuchte vergeblich, auf dem Klageweg einen Platz im Kuratorium der Landeszentrale für politische Bildung zu erstreiten.

dpa/Marijan Murat)

Stuttgart. Von Szenen wie im Thüringer Landtag ist der Südwesten zum Glück weit entfernt. In der konstituierenden Sitzung hat der Alterspräsident Jürgen Treutler (AfD) versucht, mit Geschäftsordnungstricks die AfD-Kandidatin als Landtagspräsidentin durchzudrücken.

Das kann in Stuttgart allein schon deswegen nicht passieren, weil das Landesparlament seine Geschäftsordnung schon seit einiger Zeit angepasst hat. „Alterspräsident ist nicht der Abgeordnete mit den meisten Lebensjahren, sondern mit der längsten Dienstzeit“, so eine Sprecherin des Landtags. Das hat etwa 2021 dazu geführt, dass Winfried Kretschmann die erste Landtagssitzung eröffnet hat, denn der grüne Regierungschef ist der am längsten amtierende Mandatsträger.

Doch die Frage, ob und wie Verfassungsrichter gewählt werden, treibt die Landespolitiker um. Wie es heißt, soll es bereits Anfang des Jahres eine gemeinsame Runde von Grünen, CDU, SPD und FDP dazu gegeben haben. Der CDU-Abgeordnete Andreas Deuschle verweist darauf, dass das Gesetz zur Richterwahl mit einfacher Mehrheit geändert werden kann. „Wir sollten die AfD politisch wegkämpfen und Probleme lösen.“

Seither gab es keine weiteren Gespräche. Die FDP allerdings will die Thematik erneut aufrufen. Der liberale Abgeordnete Nico Weinmann sagt dazu: „Auch bei uns im Land müssen wir alles tun, um in diesen wechselhaften Zeiten unseren Verfassungsgerichtshof besser zu schützen.“ Er fordert daher, die Wahl der Verfassungsrichter künftig nur noch mit Zweidrittelmehrheit zu ermöglichen. Das ermögliche eine „überparteiliche Auswahl der Richter“ und mehr demokratische Legitimation.

FDP will höchstes Gericht gegen Blockaden der AfD absichern

Allerdings sehen die Liberalen die Gefahr, dass dies auch zum Boomerang werden könnte. Denn in Thüringen kann die AfD die Wahl von Verfassungsrichtern blockieren, weil sie mehr als ein Drittel der Sitze hat. Dafür schlägt Weinmann vor, dass im Fall einer Blockade das Richtergremium selbst drei Kandidaten zur Auswahl stellt, von denen dann der Landtag mit einfacher Mehrheit einen Bewerber bestimmt.

Bei den übrigen Parlamentariern stößt dies auf ein verhaltenes Echo. In internen Beratungsrunden stand die FDP damit weitgehend alleine da, so ist zu hören. Der Präsident des Verfassungsgerichtshofs, Malte Graßhof, hat im Staatsanzeiger kürzlich auf mögliche Fallstricke hingewiesen: „Man muss unbedingt eine Kompensationslösung für eine Situation der Blockade finden, einen Plan B sozusagen. Und das ist gar nicht so einfach.“ Auch der Heidelberger Verfassungsrechtler Martin Borowski meldet Bedenken an: „Die Zweidrittelmehrheit kann auch zum Problem werden, wenn eine radikale Partei ein Drittel der Mandate hat.“ Zudem bestehe die Gefahr, dass die AfD dieses Verfahren zu einer Art „Märtyrereffekt“ nutze.

Soll man die AfD ausgrenzen oder einbinden, was ist sinnvoll?

Was also tun? Die AfD ausgrenzen oder einbinden, sie gar in die Verantwortung nehmen? Borowskis These: „Mit prozessualen Mitteln allein werden wir Verfassungsfeinde kaum wirksam bekämpfen.“ Vielleicht müsse man vielmehr darüber nachdenken, ob man Rechtspopulisten – wie in Österreich schon geschehen – „sich in der Regierung entzaubern“ lasse.

Der Landtag hat bereits einen Richteranwärter der AfD nicht gewählt. Klagen der Rechtspartei liefen ebenso ins Leere wie der Versuch, sich in außerparlamentarische Gremien wie das Kuratorium der Landeszentrale für politische Bildung einzuklagen. „Das erkläre ich den Studenten im ersten Semester: Die AfD hat kein Recht auf solche Posten“, sagte Borowski.

Verfassungsgerichtshof

Der Verfassungsgerichtshof ist das höchste Gericht Baden-Württembergs auf Landesebene. Ihm ist die Auslegung der Verfassung anvertraut. Es entscheidet über Streitigkeiten zwischen staatlichen Organen wie dem Landtag oder der Regierung, ihm obliegt die Kontrolle von Landesgesetzen auf ihre Vereinbarkeit mit der Verfassung und Verfassungsbeschwerden, die jedermann, der sich in seinen Grundrechten durch staatliches Handeln verletzt sieht, erheben kann. Der Dienstsitz ist in Stuttgart, Malte Graßhof ist der aktuelle Präsident.

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