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„Wir sind nicht im Krieg, aber auch nicht im Frieden“
Karlsruhe. Wenn die zivile Seite um Hilfe ruft, etwa bei Unwetterkatastrophen und Pandemie, steht die Bundeswehr bereit. „Wir sind der Bundeswehr sehr dankbar“, sagte Staatssekretär Thomas Blenke (CDU) am Samstag in Karlsruhe beim Symposium zur Zivil-Militärischen Zusammenarbeit, das das Landeskommando Baden-Württemberg erstmals mit seinem Haus, dem Innenministerium, durchführte.
Doch, so betonte Blenke, sei dies nicht die Kernaufgabe der Bundeswehr. Durch den völkerrechtswidrigen Angriff Russlands auf die Ukraine habe sich vieles verändert. Die Bedrohung sei nicht mehr theoretisch und abstrakt, sondern konkret. Die neue Lage bringe neue Notwendigkeiten mit sich. Es gehe nun also um umgekehrte Amtshilfe.
Der Operationsplan Deutschland bringt neue Aufgaben mit sich
„Wir müssen den Schutz der Bevölkerung im Verteidigungsfall stärker in den Blick nehmen“, so Blenke. Niemand wolle einen Krieg, doch angesichts der Bedrohung durch Russland brauche es Waffen. Man werde sie brauchen, „um unsere Freiheit, unsere Demokratie, unsere Werte, unsere Art zu leben zu verteidigen.“ Und er beruft sich auf die alten Römer. Denn schon sie wussten: Wenn du Frieden willst, bereite den Krieg vor. Das hat sich Blenke zufolge „leider bis heute nicht geändert“.
Die Verteidigung könne nur zusammen gestemmt werden. Es sei Aufgabe der militärischen und zivilen Seite, das Land zu schützen. Innenministerium und Landeskommando stehen daher mit Blick auf den Operationsplan (OPlan) Deutschland bereits im Austausch. Das Landeskommando ist für das Ministerium Ansprechpartner in allen Fragen der Streitkräfte.
Der OPlan ist eine Reaktion auf die sich verschärfende sicherheitspolitische Lage in Europa, erarbeitet vom Bundesverteidigungs- und Innenministerium. Er führt militärische Anteile der Landes- und Bündnisverteidigung mit der erforderlichen Unterstützung durch Zivilkräfte zusammen. So soll eine planerische Grundlage geschaffen werden, damit im Ernstfall zielgerichtet und verfassungsgemäß gehandelt werden kann. Es werden Verfahren, Abläufe und Zuständigkeiten festgelegt, um „mit anderen staatlichen und zivilen Akteuren Deutschland, dessen territoriale Integrität und seine Bürgerinnen und Bürger zu schützen und zu verteidigen“. Auch der Aufmarsch alliierter Streitkräfte über und durch Deutschland an die Nato-Ostflanke müsse sichergestellt werden.
„Know each other, before you need each other“
Zwar konnte Michael Giss, der seit knapp drei Wochen Kommandeur des Landeskommandos ist, noch nicht über Details sprechen. Doch er fasste dessen Ziel noch einmal in eigenen Worten zusammen: „Es braucht belastbare Strukturen, auf die man sich verlassen kann, wenn es knallt.“ Daher sei es auch wichtig, Köpfe zu kennen. Es gehe darum, sich kennenzulernen, aber auch die Möglichkeiten der einzelnen Einheiten und auch deren Grenzen. So schaffe man gegenseitiges Verständnis und Synergien. Das sieht auch Karin Scheiffele, Leiterin der Abteilung 6 im Innenministerium, so: „Know each other, before you need each other“. Zwar verfüge das Land über einen gut aufgestellten Katastrophenschutz, doch kämen mit dem OPlan neue Aufgaben auf zivile Kräfte zu.
Viele Katastrophenschützer hätten keine oder kaum Erfahrungen im militärischen Bereich, und der Kalte Krieg sei für viele, die im Westen aufgewachsen sind, nichts Bedrohliches gewesen. In der aktuellen sicherheitspolitischen Lage sei vieles anders gelagert, man werde nun mit der Bundeswehr erörtern, was notwendig ist. Sobald das alles feststeht, werde man, so Scheiffele, auf die Einheiten zugehen. Es gehe vor allem auch darum, Menschen mitzunehmen, einzubinden und vorzubereiten.
Man müsse sich darauf einstellen, sich mit dem Thema Krieg auseinandersetzen zu müssen, vielleicht nicht unbedingt mit Krieg in Deutschland, aber man müsse vorbereitet sein, was Kriegshandlungen in der Nähe, im Bündnisfall für Auswirkungen haben, sagte Scheiffele.
Giss beschrieb, wie sich die Zeitenwende bei der Bundeswehr auswirkt: „Die Landesverteidigung, die Bündnisverteidigung, steht im Fokus, bei allem was wir tun.“ Aus militärischer Sicht befinde man sich in einer Zwischenzone, einer Grauzone. Zwar sei man nicht im Krieg, aber auch nicht im Frieden.
Deutschland wird im Bündnisfall zur Logistik-Drehschreibe
Daher müsse eine klare Verteilung der Aufgaben und Zuständigkeiten her. „Die maximale zivile Unterstützung beim OPlan Deutschland ist für uns der wesentliche, der entscheidende Faktor“, sagte Giss. Man müsse hinkommen zum „Kalten Krieg 2.0“. Russland abschrecken. Das ganze Szenar sei schließlich nicht weit weg, sagte er mit Blick auf die Ukraine, aber auch mit Blick auf die in Litauen stationierten deutschen Soldaten.
Käme es zum Bündnisfall, wird Deutschland zur Logistik-Drehscheibe im Herzen Europas. Man müsse daher auch Akzeptanz für militärische Maßnahmen in der Bevölkerung schaffen, etwa mit Blick auf mögliche Truppenverlegungen. Denn das werde nicht nur für Militärs zur Dauerbelastung, sondern auch für die Bevölkerung. Daher sei die äußere und innere Sicherheit nicht mehr trennbar. Giss hofft, dass auch der Letzte aufwache, denn die Bedrohungslage sei ernst. „Dieses Land muss kriegstüchtig werden.“
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BOS-Tag des Staatsanzeigers am 4. November in Stuttgart
Der Staatsanzeiger veranstaltet am 4. November in Stuttgart seinen ersten BOS-Tag. Die Abkürzung steht für Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben. Die Schirmherrschaft hat das Innenministerium inne. Thematisch wird es um die Bewältigung verschiedener Krisensituationen und die zivil-militärische Zusammenarbeit gehen. Redner sind unter anderem Innenminister Thomas Strobl (CDU), die Polizeipräsidenten Markus Eisenbraun (Stuttgart) und Thomas Berger (Präsidium Technik, Logistik und Service der Polizei) sowie Experten von Feuerwehr und Bundeswehr. https://akademie.staatsanzeiger.de/events/bos-tag-2024/