Ghosting

Wenn Mitarbeiter plötzlich spurlos verschwunden sind

Wenn Beschäftigte plötzlich nicht mehr zur Arbeit erscheinen und sich auch nicht krank melden, wissen Arbeitgeber häufig nicht, wie sie in einem solchen Fall reagieren sollen. Doch die arbeitsrechtlichen Regelungen sind klar gefasst.

Manchmal erscheinen Menschen ohne Abmeldung nicht mehr im Büro. Arbeitgeber sollten sich für solche Fälle vorab einen Notfallkontakt nennen lassen. Foto: dpa/Sebastian Gollnow

Sebastian Gollnow)

Rastatt. Vor wenigen Tagen machte in der Ortenau ein Fall Schlagzeilen, bei dem ein eigentlich zuverlässiger Mitarbeiter einer Tankstelle in Rheinau plötzlich spurlos verschwunden war. Tankstellenpächterin Marika Lange hat offenbar bis jetzt keine Ahnung, wo der junge Mann abgeblieben ist. Kontaktversuche, eine Plakataktion und selbst der Gang zu Polizei blieben erfolglos. Eine Nachricht hat sie von ihm nie erhalten.

Für solche Vorgänge hat sich der Begriff Ghosting eingebürgert. Arbeitgeber sollten bei solchen Situationen Ruhe bewahren, rät Rechtsanwältin Hasret Seker von der Arbeitsrechtskanzlei Kliemt. Sinnvoll sei es, von allen Beschäftigten einen Notfallkontakt abzufragen, sei es ein Angehöriger oder Freund. So haben Unternehmen einen Ansprechpartner, wenn Unvorhergesehenes passiert oder ein Mitarbeiter plötzlich unauffindbar ist.

Lohnfortzahlung kann bis zur Klärung eingestellt werden

Tritt der Fall ein, dass ein Mitarbeiter mit einem Mal nicht mehr zur Arbeit erscheint, sollte der erste Schritt immer der Anruf sein. Bleibt der Mitarbeiter telefonisch nicht erreichbar, sollten alle alternativen Kommunikationswege genutzt werden. Dazu zählen E-Mail, Messengerdienste oder eventuell auch eine Abfrage der elektronischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei der Krankenkasse. Danach kann der Notfallkontakt hinzugezogen werden. Bleibt der Arbeitnehmer weiterhin unentschuldigt fern, sollte die Lohnfortzahlung eingestellt werden. Hier greife der arbeitsrechtliche Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn!“, sagt Arbeitsrechtlerin Seker. Das bedeutet, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, Gehalt zu zahlen, solange der Sachverhalt unklar ist.

Erst wenn nachträglich eine ärztliche Bescheinigung für den betreffenden Zeitraum vorgelegt wird, muss der Lohn nachgezahlt werden. Diese Vorgehensweise schütze den Arbeitgeber vor unnötigen Zahlungen, solange der Verbleib des Mitarbeiters nicht geklärt ist.

Fürsorgepflicht des Arbeitgebers kann bei Hinweisen greifen

Das unentschuldigte Fernbleiben eines Mitarbeiters stellt ferner eine Pflichtverletzung und einen Vertrauensbruch dar. Der nächste logische Schritt ist eine Abmahnung. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Arbeitnehmer plötzlich wieder auftaucht oder weiterhin fehlt. Hält das Verhalten an oder kam schon in der Vergangenheit vor, kann die Kündigung folgen. Ob diese ordentlich oder außerordentlich ausgesprochen werden sollte, hängt vom Einzelfall ab.

Grundsätzlich muss der Arbeitgeber keine weiteren Nachforschungen über den Verbleib des Arbeitnehmers anstellen. Allerdings greift unter Umständen seine Fürsorgepflicht. Liegen etwa konkrete Hinweisen auf gesundheitliche Probleme oder auf ein Unglück vor, sollte die Polizei informiert werden.

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