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Landkreis Karlsruhe will Geothermie für alle nutzbar machen
Im Mai 2021 hat der Kreistag beschlossen, dass der Landkreis Karlsruhe bis 2035 CO₂-frei werden soll. Der Energiebedarf soll zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien gedeckt werden. Ein Schwerpunkt dabei ist die regionale Wärmeausbaustrategie, die die Umwelt- und Energieagentur (UEA) Karlsruhe erarbeitet hat.
Darin wurde auch die Verteilung der erneuerbaren Wärme zwischen den Kommunen untersucht. Und da hat der Landkreis gute Voraussetzungen. „Im Oberrheingraben haben wir einen Schatz für die Energiewende: die Tiefengeothermie“, sagt Bruchsals Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick (Grüne). Sie ist überzeugt, dass die Tiefengeothermie auch genutzt werden sollte. Immerhin läuft in Bruchsal bereits seit Jahren eine entsprechende Anlage ohne Probleme. Durch eine interkommunale Wärmeverteilung sollen im Kreis Karlsruhe künftig möglichst viele Kommunen von der Wärme aus der Tiefengeothermie profitieren.
Um dies zu erreichen, wurde eine kommunale Gesellschaft zur regionalen Wärmeverteilung im Landkreis Karlsruhe gegründet. Die Vorteile für den Kreis liegen auf der Hand: Mit der Umsetzung des Vorhabens könnten jährlich 60 000 Tonnen CO₂ eingespart werden, hat die UEA errechnet. Es trägt zu regionaler Wertschöpfung bei und versorgt die Kommunen und ihre Bürger unabhängig von Weltmärkten zu 100 Prozent mit erneuerbarer Wärme zu einem stabilen Preis.
Wer ist an dem Projekt beteiligt?Eine Reihe von Kommunen sowie die Stadtwerke von Bretten, Bruchsal und Ettlingen. Letztere bringen ihr Know-how in das Projekt ein. Der Landkreis unterstützt das Projekt vor allem politisch. Gerade auch die Stadt Bruchsal kann viel Know-how und Erfahrung mit Wärmenetzen und Tiefengeothermie einbringen.
Im Juni 2023 wurde die Projektentwicklungsgesellschaft Regionaler Wärmeverbund (PEG) gegründet. Das Unternehmen untersucht die technische, rechtliche und wirtschaftliche Machbarkeit und bereitet die Überführung der Gesellschaft in die „Regionale Wärmenetzgesellschaft“ (RWG) vor. Im ersten Schritt sollen zehn Kommunen angeschlossen werden.
Wie ist der Stand des Projekts?Es wurde eine Korridorplanung für eine Trassenführung zu allen bislang beteiligten Kommunen erarbeitet. Auch eine Vorzugstrasse liegt vor. Diese hat eine Gesamtlänge von 63 Kilometern und verbindet alle zehn Kommunen. Derzeit wird mit der Deutschen Erdwärme als Betreiberin der Tiefengeothermieanlagen in Graben-Neudorf und Dettenheim über den Wärmepreis verhandelt. Weiterhin muss auch noch geklärt werden, wann die Anlagen in Betrieb gehen und welche Wärmemengen geliefert und abgenommen werden können, erklärt die Umwelt- und Energieagentur des Landkreises Karlsruhe.
Zugleich ist es für die Betreiber wichtig, dass die Wärme möglichst gleichmäßig über das Jahr abgenommen wird. Im Sommer ist der Wärmebedarf jedoch in der Regel geringer. Deshalb ist ein hoher sommerlicher Wärmebedarf von Unternehmen ebenso wichtig für die Wirtschaftlichkeit. Doch da ist man guter Dinge, denn Wirtschaftsunternehmen haben längst erkannt, dass erneuerbare Energien wichtige Standortfaktoren sind. Die Erfahrung hat man auch in Bruchsal gemacht.
Wärmenetze sind teuer. Wie wird das Projekt finanziert?Die Projektentwicklung wird derzeit durch die Kommanditeinlagen der PEG-Gesellschafter finanziert. Die tatsächliche Realisierung mit Planung und Bau wird mit der Überführung der PEG in die RWG beginnen. Bis dahin muss die Finanzierung sichergestellt sein. Mittel aus dem Bundesförderprogramm für effiziente Wärmenetze sind ebenfalls beantragt. Für die Genehmigungsplanung für den ersten Trassenabschnitt sind bereits Fördermittel bewilligt. Insgesamt rechnet der Kreis mit Fördermitteln von 112 Millionen Euro.
Wie geht es weiter?Bis 2030 soll das überregionale Wärmenetz für zehn Kommunen stehen. Zugleich gilt es auch, den Netzanschluss für die Kommunen mit dem jeweiligen Wärmenetzausbau in den Kommunen zu koordinieren. Weitere Kommunen können angeschlossen werden.
Welche Herausforderungen gibt es?Mit Blick auf die Tiefengeothermie gibt es bei Bürgern auch Sorgen vor Erdbeben. Das muss nicht so sein, wie das Beispiel München zeigt. In Baden-Württemberg sind auch nur bestimmte Verfahren zulässig, zugleich wird ein Erdbebenmonitoring betrieben. Dazu gilt es zu informieren. Zugleich werden politisch auch Versicherungsfragen erörtert. Ein weiteres Problem ist, dass Wasserstoff immer wieder als Gas-Alternative beworben wird. Nach derzeitigem Stand wird dieser aber nicht für die private Wärmeversorgung zur Verfügung stehen. Dazu wird im Kreis Aufklärung betrieben. Denn andernfalls könnten Bürger zögern, sich an das Wärmenetz anzuschließen. Um Verzögerungen durch Klagen zu verhindern, wird mit Einzelgenehmigungen und Verfahrensbündelung gearbeitet.