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Gentges ist besorgt wegen Gewaltkriminalität von Kindern
Die Strafverfolgungsstatistik erfasst die Entscheidungen von Gerichten nach Anklageerhebung. Justizministerin Gentges zufolge liefert sie daher kein vollständiges Bild der Kriminalität. Das Dunkelfeld sei nicht erfasst, genauso wenig Vorgänge, bei denen Täter nicht ermittelt werden konnten und bei denen Verfahren bei den Staatsanwaltschaften aus anderen Gründen eingestellt wurden.
Wie hat sich die Zahl der Verurteilungen entwickelt?Die Statistik zeigt Parallelen, aber auch Veränderungen zum Vorjahr auf. Die Verurteilungszahlen haben sich 2023 weitgehend auf dem Niveau von 2022 gehalten. 2023 wurden 96 404 Personen rechtskräftig verurteilt – ein Anstieg um 0,4 Prozent.
Was hat sich im Vergleich zum Vorjahr verändert?
Den stärksten Anstieg verzeichnen die Behörden bei Diebstahlsdelikten.
Schon 2022 verzeichnete man 8,7 Prozent mehr. 2023 hat sich die Zahl der Verurteilungen nochmals um mehr als ein Drittel erhöht. Mit insgesamt 16 806 Verurteilungen wurde 2023 das Niveau von 2020 (damals waren es 14 508) überschritten. Vor allem fallen Gentges zufolge einfache Diebstähle ins Gewicht, ein Plus von 3400 Fällen. Beim schweren Diebstahl (Diebstahl mit Waffen, Wohnungseinbruchsdiebstahl) ist ein Zunahme von 34,2 Prozent festzustellen.
Wie reagiert die Justiz?
Die Justiz setzt zunehmend auf Beschleunigte Verfahren, auf rasche Reaktionen und eine Strafe, die der Tat auf den Fuß folgt. An zehn Standorten werden Verfahren mittlerweile beschleunigt geführt. Dafür wurden Gentges zufolge mehr Stellen bereitgestellt. Seit diesem Jahr wird auch in Tübingen, Heidelberg und Konstanz beschleunigt verhandelt.
Wie hat sich die Zahl der Verurteilungen im Bereich der Gewaltkriminalität geändert?
Die Zahl ist im Jahr 2023 um 12,2 Prozent gestiegen, zuvor war sie drei Jahre stetig gesunken. Zur Gewaltkriminalität zählen etwa Mord, Totschlag, Raub und gefährliche Körperverletzung. Vor allem schlagen nach Angaben von Ministerin Gentges höhere Schuldsprüche wegen gefährlicher Körperverletzung zu Buche, auch Straftaten gegen das Leben seien mit 186 Verurteilungen angestiegen. 2022 waren es noch 139.
Wie hat sich die Jugenddelinquenz entwickelt?Die Zahl der verurteilten Jugendlichen hatte sich in den vergangenen Jahren reduziert. Doch auch dieser Trend habe sich nicht fortgesetzt. 2023 wurde mit einem Plus von 3,3 Prozent eine größere Zahl an Verurteilungen von 14- bis 17-Jährigen festgestellt. Vor allem in den Bereichen einfacher Diebstahl (plus 22,1 Prozent), Raub und Erpressung (plus 21,5 Prozent) und ein Plus 27,1 Prozent bei gefährlicher Körperverletzung. Insgesamt wurden fast ein Drittel mehr Jugendliche verurteilt als noch im Jahr zuvor. Bei den Heranwachsenden dagegen ist mit 5898 Verurteilungen ein Rückgang zu verzeichnen. Gentges sprach von einem Tiefstwert seit dem Jahr 1952.
Muss das Alter der Strafmündigkeit abgesenkt werden?Kinder unter 14 Jahre sind nicht strafmündig, daher tauchen sie nicht in der Strafverfolgungsstatistik auf. Die Justizministerin hält allerdings die Daten der Polizeilichen Kriminalstatistik für alarmierend. Sie will daher wissenschaftlich untersuchen lassen. 2019 gab es 7642 tatverdächtige Kinder. Diese Zahl habe sich kontinuierlich erhöht, bis zu einem Höchststand 2023 von 10 610. Ein Plus von 38,8 Prozent. Die Alarmglocken schrillen laut Gentges noch lauter, wenn man auf die Gewaltkriminalität schaut, dort ist seit 2019 ein Anstieg um 63,4 Prozent fest: von 604 Tatverdächtigen auf 987. Gentges setzt sich daher dafür ein, dieses Phänomen stärker in den Blick zu nehmen und sich auch mit Sanktionsmöglichkeiten zu befassen.
Wie entwickelt sich die Zahl der verurteilten Ausländer?Die Zahl der verurteilten ausländischen Staatsangehörigen nimmt zu. Bereinigt um Delikte, die nur von Ausländern begangen werden können, nach dem Aufenthalts- und Asylgesetz, auch 2023 weiter gestiegen. Um 6,7 Prozent auf 42 324 Personen. Die Zahl der verurteilten Deutschen ist um 4,1 Prozent. Das korrespondiert auch damit, dass auch in den Justizvollzugsanstalten die Zahl der ausländischen und staatenlosen Gefangenen erstmals auf über 50 Prozent gestiegen ist.
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