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Wie die Björn Steiger Stiftung das Rettungswesen verbessert hat
Seit seiner Kindheit erinnert sich Pierre-Enric Steiger schmerzlich an den Tod seines Bruders Björn: Er starb nach einem Fahrradunfall auf dem Heimweg vom Schwimmbad, weil der Rettungswagen erst mit einer Stunde Verspätung kam. Die Eltern gründeten danach, auch mithilfe von Hilda Heinemann, der Frau des damaligen Bundespräsidenten, und einer bundesweiten Altpapier-Sammelaktion jene Stiftung in Winnenden, die Pierre-Enric seit 2013 als Vorstandsvorsitzender führt.
Viele Meilensteine, insbesondere die Einführung einer einheitlichen Notfallnummer, liegen vor der Zeit des gelernten Bankkaufmanns. Der Weg an die Spitze der Stiftung war verschlungen. „Ich war viel in meinem Leben“, erzählt er, unter anderem Projektleiter bei Xerox in Irland, bei einer Medien- und Werbeagentur in Lübeck oder Geschäftsführer bei einer Allianz-Tochter.
Zugleich habe er sich nie abgewandt von der „faszinierenden Aufgabe“ der Stiftung. Wie an einer Perlenschnur aufgefädelt, zählt er Erfolge auf: den Schnellrettungs- und den Babynotarztwagen, die Aktion Land- und Stadtkreis sowie die Klassifizierung von Kommunen als „herzsicher“, weil ausreichend öffentlich zugängliche Laien-Defibrillatoren zur Verfügung stehen und genügend Einwohner und Einwohnerinnen mit Wiederbelebungsmaßnahmen vertraut gemacht wurden.
Über solche Erfolge kommt der „begeisterte Skifahrer“ und VfB-Fan geradezu ins Schwärmen. So ist die Björn Steiger Stiftung derzeit die einzige Einrichtung mit einer Zulassung für unbemannte Drohnenflüge. Überwacht werden Badeseen, bei Un- und Notfällen können Sanitäter direkt über das Navigationssystem in den Rettungswagen informiert werden. Eine Anwendung auch in ganz anderen Bereichen ist möglich, etwa um Veränderungen ausgetrockneter Böden zu registrieren und einen Alarm auszulösen, ehe ein Brand überhaupt ausbricht.
Stark beeindruckt äußert sich Steiger über das Potenzial Künstlicher Intelligenz. Insgesamt sieht Steiger nicht nur die Stiftung auf dem „absolut richtigen Weg, Menschen zu helfen und Menschenleben zu retten“, sondern auch als Privileg an, in einer Vorreiterrolle zu sein und Entwicklungen mit zu befördern.
Er sei, sagt Steiger von sich selber, immer an der Sache orientiert, aber nicht verlegen, Verantwortlichen auf die Füße zu treten, um Verbesserungen zu erreichen. Ausdrücklich in diese Reihe stellt er auch die auf den Weg gebrachte Verfassungsbeschwerde gegen das neue Rettungsdienstgesetz in Baden-Württemberg.
Drei Fragen…
Wie wird die Künstliche Intelligenz (KI) Rettungseinsätze verändern?In einigen Teilen der Welt und in bestimmten Bereichen der Rettungskette, zum Beispiel der Notrufannahme, wenn es um Real-time-Übersetzungen oder Abfragealgorithmen geht, zur Disposition von Ressourcen und auch mobiler Diagnostik wird KI bereits genutzt.
Und in Deutschland?Da verhindern fehlende Experimentierklauseln, mangelhafte Standardisierung und die Kleinteiligkeit allerdings, dass KI ihr Potenzial voll ausschöpfen kann.
Was ist der Hauptgrund dafür, dass Hilfsfristen nicht eingehalten werden können?Es gibt außer dem Rettungsdienst und den Notaufnahmen der Krankenhäuser keine weitere, allgemein bekannte, durchgängig funktionierende und von der Bevölkerung akzeptierte Anlaufstelle für Hilfeersuchen rund um die Uhr. Also rückt er auch aus, wenn das nicht seinen primären Aufgaben entspricht. Die Vielzahl der unnötigen Einsätze blockiert aber Rettungswagen. Weiter entfernte RTWs müssen kommen, was die Hilfsfrist verlängert. Von dieser Erkenntnis ausgehend, sind wir dabei, gemeinsam mit einem multiprofessionelles Expertenteam die Zusammenhänge neu zu denken und eine Empfehlung für ein neues Hilfsfristmodell zu erarbeiten.