Themen des Artikels
Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen
Fünf Afghanen aus dem Südwesten im Abschiebeflug
Stuttgart/Leipzig . In dem Abschiebeflug nach Afghanistan sitzen nach Angaben des Migrationsministeriums in Stuttgart fünf Männer, die sich zuletzt in Baden-Württemberg aufgehalten haben. Es handele sich bei allen um «schwere Straftäter», die das Land nun abgeschoben habe.
Einer von ihnen hatte an Halloween 2019 mit drei weiteren Tätern in einer Flüchtlingsunterkunft in Illerkirchberg (Alb-Donau-Kreis) eine damals 14-Jährige über mehrere Stunden vergewaltigt, wie es aus dem Ministerium hieß. Das Mädchen sei zuvor unter Alkohol- und Drogeneinfluss gesetzt worden. Der heute 31 Jahre alte Mann hatte seine Haftstrafe schon abgesessen und wurde von der Polizei zur Abschiebung festgenommen.
Vier der Männer aus der Haft abgeschoben
Die vier anderen Afghanen saßen wegen diverser Straftaten in Haft und seien von dort aus an den Flughafen Leipzig/Halle gebracht worden, sagte ein Ministeriumssprecher. Ein 25-Jähriger war zuvor in Ravensburg gemeldet gewesen, er saß bis zuletzt im örtlichen Gefängnis wegen eines versuchten Tötungsdelikts. 34-Jähriger wohnte zuletzt in Bad Schussenried (Landkreis Biberach) und war im Gefängnis Rottenburg wegen versuchten Totschlags untergebracht. Einem sogenannten Mehrfach- und Intensivtäter wiesen die Behörden mehr als 160 Straftaten nach. Er war zuletzt in Ludwigsburg gemeldet und saß im Gefängnis Heimsheim ( Enzkreis ) ein. Im selben Gefängnis war ein 45-jähriger Afghane wegen versuchten Mordes, er hatte vorher in Stuttgart gewohnt.
Erstmals seit der Machtübernahme der Taliban vor drei Jahren schob Deutschland wieder afghanische Staatsangehörige in ihr Herkunftsland ab. Das Flugzeug war am Morgen vom Flughafen Leipzig/Halle abgehoben. In dem Charterjet von Qatar Airways sitzen 28 afghanische Straftäter aus verschiedenen Bundesländern. Organisiert worden war die Aktion federführend vom Bundesinnenministerium.
Staatssekretär: «Gewinn für die Sicherheit in unserem Land»
Baden-Württembergs Migrations-Staatssekretär Siegfried Lorek (CDU) bezeichnete die Abschiebung als «Gewinn für die Sicherheit in unserem Land». Ob und wann weitere ausreisepflichtige Afghanen aus dem Südwesten abgeschoben werden, dazu äußerte sich sein Ministerium zunächst nicht. Lorek forderte aber erneut vom Bund, weitere Abschiebungen nach Afghanistan und auch nach Syrien zu ermöglichen.
Die fünf Straftäter dürfen nicht mehr nach Deutschland oder sonstige Länder der Europäischen Union einreisen. Gegen sie wurde ein Einreiseverbot ausgesprochen, hieß es aus dem Stuttgarter Migrationsministerium.
Abschiebeflug wohl mit längerem Vorlauf
Deutschland unterhält zu den Taliban-Machthabern in der afghanischen Hauptstadt Kabul keine diplomatischen Beziehungen. Nach dem tödlichen Messerangriff von Mannheim Ende Mai hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) angekündigt, die Abschiebung von Schwerstkriminellen und terroristischen Gefährdern nach Afghanistan und auch Syrien wieder zu ermöglichen.
Der Abschiebeflug startete nun zwar nur wenige Tage nach dem mutmaßlich islamistisch motivierten tödlichen Messerattentat von Solingen, habe aber einen deutlich längeren Vorlauf gehabt, hieß es aus Behördenkreisen. Der «Spiegel» schrieb von zwei Monaten.
Kritiker bemängeln Menschenrechtslage in Afghanistan
Seit August 2021 sind in Afghanistan wieder die islamistischen Taliban an der Macht, die international vor allem wegen ihrer massiven Beschneidung von Frauenrechten in der Kritik stehen. Insgesamt ist es seit der erneuten Machtübernahme der Taliban zu einem deutlichen Rückgang der bewaffneten Auseinandersetzungen in dem Land gekommen, auch wenn es nach wie vor zu Anschlägen kommt. Die meisten reklamiert die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) für sich, die mit den Taliban trotz ideologischer Nähe verfeindet ist.
Kritiker bemängeln unter der Taliban-Herrschaft ein hartes Vorgehen gegen Menschenrechtler, Demonstranten oder Journalisten, denen laut Menschenrechtsorganisationen Verhaftung, Verschwinden oder Folter drohen. So auch der Flüchtlingsrat Baden-Württemberg, der sich in einer Reaktion entsetzt zeigte und die Abschiebungen als völkerrechtswidrig bezeichnete. (dpa/ lsw )