Themen des Artikels

Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen

Kommentar

Wir können nicht alles verhindern

Nach dem Attentat in Solingen wird bundesweit darüber diskutiert, wie solche Taten verhindert werden können. Waffen- und Messerverbotszonen sind da ein sinnvoller Schritt. Dennoch ist es kein Allheilmittel, solche Taten sind mit Regeln nicht zu verhindern, der Realität muss man sich stellen. Ein Kommentar von Jennifer Reich. 

Trauer und Gedenken mit Blumen und Kerzen an der Stadtkirche in unmittelbarer Nähe des Anschlagsorts Fronhof in der Solinger Innenstadt.

dpa/epd-bild/Guido Schiefer)

Waffen- und Messerverbotszonen können Taten wie die vor einer Woche in Solingen oder die Ende Mai in Mannheim nicht verhindern. Absolute Sicherheit wird es nie geben, egal wie sehr wir uns diese wünschen und egal wie viele Regeln wir auch aufstellen. Aber die Verbotszonen ermöglichen der Polizei etwas mehr Handhabe, daher sind sie zu begrüßen.

Die Bilanz, die das Präsidium Stuttgart, wo es die Verbotszonen am längsten gibt, zieht, ist durchaus positiv. Wie gesagt, es ist nicht das Allheilmittel, dieser Realität muss man sich stellen. Genauso der Realität, dass die islamistischen Fanatiker als Flüchtlinge zu uns kamen, dass wir ihnen Schutz gewährt haben, den sie mit Füßen treten. Und doch gibt es viele Geflüchtete, die an unserer Seite stehen und solche Taten mit uns gemeinsam verurteilen und die Opfer betrauern. Letztere sind Teil unserer Gesellschaft, wollen ein Teil dieser sein. Es ist dringend geboten, das wahrzunehmen. Zu differenzieren, nicht pauschal zu urteilen und zu verurteilen.

Den tragischen Taten folgt ein immer gleiches Prozedere

Ein anderer Aspekt solch tragischer Taten ist das immer und immer wieder gleiche Prozedere, das auf sie folgt. Aufgescheuchte Medien, die in Endlosschlaufe darüber berichten, dass sie noch kaum etwas wissen, besorgte Bürger, die in den Sozialen Medien noch mehr Angst und Schrecken verbreiten, Politiker, die die Tat verurteilen und Anteilnahme bekunden. Nach einer kurzen Phase der Anteilnahme beginnt dann der politische Disput, es werden zig Lösungsansätze aufgezeigt, vom politischen „Gegner“ kritisiert, man verliert sich in Schuldzuweisungen. Jeder nutzt die Tat für seine Zwecke.

Und dann?

Was hat sich verändert, seit der Polizist Rouven Laur in Mannheim Opfer eines islamistisch motivierten Messerangriffs wurde? Auch damals wurde wild über das Waffenrecht und Klingenlängen diskutiert. Und über die Befugnisse der Polizei.

Es gibt keine einfachen Lösungen

Es gibt keine einfache Lösung der schwierigen Situation, in der sich unsere Gesellschaft derzeit befindet. Was aber grundsätzlich nicht schadet, ist, inne zu halten, bevor man auf etwas reagiert. Sich nicht im Kleinklein verlieren, nicht im Affekt handeln, Ruhe bewahren.

Es entsteht allzu oft der Eindruck, dass wir uns im Unwesentlichen verlieren – Nachrichten, schrille Schlagzeilen, Tausende von Posts, Populismus – anstatt über das Wesentliche nachzudenken.

Wir sollten uns die Frage stellen, worum geht es eigentlich? Was können wir tun, um solche Taten möglichst zu verhindern und wo sind die Grenzen der Handlungsfähigkeit? Was kann ein jeder tun, damit sich etwas ändert? Denn es muss sich etwas ändern, sonst droht die Gesellschaft auseinanderzubrechen. Und deshalb sollte vor allem die Politik gerade in solchen Situationen konstruktiv und besonnen handeln.

Mehr zum Thema: Die Polizei braucht den Rückhalt aus Gesellschaft und Politik | Staatsanzeiger BW

Nutzen Sie die Vorteile unseres

Premium-Abos. Lesen Sie alle Artikel aus Print und Online für

0 € 4 Wochen / danach 189 € jährlich Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren

Lesen Sie auch