Themen des Artikels

Um Themen abonnieren und Artikel speichern zu können, benötigen Sie ein Staatsanzeiger-Abonnement.Meine Account-Präferenzen

Interview mit KI-Pionier Bernd Korz

„Schön wäre, wenn unsere Regierung so denken würde“

Bernd Korz betreibt mit seiner Firma in Mannheim eine KI-getriebene Videoplattform. Nun hat ihn der Wirtschaftsrat der CDU in eine Kommission berufen, die die Politik in Sachen Künstliche Intelligenz beraten soll. Schon jetzt hat der Unternehmer klare Ratschläge parat.

Bernd Korz hat die Alugha GmbH 2014 in Mannheim gegründet. Das Unternehmen hat sich auf die Übersetzung von Videos und Audio-Beiträgen mit Hilfe von künstlicher Intelligenz speztialisiert und sieht sich selbst als Video-Plattform Nummer Eins in Europa.

Alugha GmbH)
Staatsanzeiger: Tech-Blase oder Jahrhundert-Revolution? Was ist dran am Hype um die KI, nachdem sich die Börsen jüngst so skeptisch zeigten?

Bernd Korz: KI ist definitiv keine Techblase, aber ein Hype. KI bietet jedoch einen solch globalen und breiten Nutzen für so viele unterschiedliche Anwendungsgebiete, dass dieser Hype sich in unserem Alltag integrieren wird. Die großen Sprachmodelle allen voran Chat GPT von Open AI haben die Entwicklung natürlich forciert und damit diesen Hype erzeugt.

Sie sehen sich als KI-Pionier, der eine automatisierte Lösung zur Übersetzung von Video- und Audio-Formaten anbietet. Ihr KI-Modell transkribiert gesprochene Sprache in Text und umgekehrt: Wie fühlt es sich an auf einem so innovativen Markt mitzumischen?

Als wir vor Jahren damit anfingen, galten wir als Paradiesvogel. Ich hatte die Idee für eine Software, ein Plug-In, das ich YouTube anbot, mit dem die Sprache während des Abspielens von Videos geändert werden konnte. Die lehnten ab. Daher habe ich Investoren gesucht, die mir helfen sollten, dafür einen Prototyp zu entwickeln, das hätte mehrere Monate Arbeit bedeutet. Am Ende hat mein Sohn Niklas mit 15 Jahren das innerhalb weniger Tage programmiert. Daraufhin haben wir 2012 beide angefangen an unser Firma Alugha zu arbeiten. Heute ist Niklas unser Chefentwickler.

Generieren Sie schon Umsätze?

Zu unseren Kunden gehören Duravit und Hornbach. Wir haben Projekte mit Lidl oder Hettich, die weltweit Türbeschläge liefern. Wir haben Kunden in bestimmt 50 Ländern dieser Erde und wir streamen täglich in über 150 Ländern. Alugha erkennt, wenn verschiedene Menschen sprechen und macht mir ein Transkript für jede Stimme in einem Video oder Audio und gibt mir eine komplette Zusammenfassung raus. Damit generieren wir auch Umsätze. Wir tragen uns aber noch nicht selbst. Mein Co-Founder und ich haben in den letzten zehn Jahren bestimmt zehn Millionen Euro in das Projekt investiert.

Sie sind ein winziges Unternehmen, wenn man Sie etwa mit Tech-Größen wie Open AI vergleicht, in die Microsoft letztes Jahr zehn Milliarden Dollar investiert hat. Wie fühlt es sich an, auf einem Markt zu sein, der extrem innovativ ist, auf dem sehr viel Kapital ist?

Selbst ein Budget von 500 Millionen Dollar, das Aleph Alpha in Heidelberg anwerben konnte, ist da wenig. Aber ich feire das sehr. Denn es setzt ein Zeichen in Deutschland. Aber am Ende ist das nur ein Funke. Wir sind bei Alugha knapp 40 Leute. Natürlich ist es da enorm schwierig, am Markt gegen die großen Konzerne zu bestehen.

Woher nehmen Sie den Mut?

Unser Kundenerfolg ermutigt uns. Wir haben viele Anfragen aus ganz Europa, die unsere Plattform wählen, weil wir eine Alternative zu YouTube und Vimeo sind. Die sagen, das ist das absolute A und O, dass wir eine europäische Alternative zu den US-Konzernen haben. Schön wäre es, wenn unsere Regierung auch so denken würde.

Warum?

Wir sind die Video-Plattform Nummer Eins in Europa und legen größten Wert auf Datensicherheit und Datenhoheit und bauen nicht auf Google & Co. Unsere Regierung, ebenso wie die Öffentlich-Rechtlichen und viele Behörden setzen aber auf YouTube und geben die Daten ihrer Nutzerschaft in die Hand von US-Konzernen. Wie sollen sich andere Unternehmen ein Beispiel nehmen, wenn selbst unser Staat nicht auf Innovationen aus dem eigenen Land setzt?

Ist Baden-Württemberg mit dem Cyber Valley und IPAI bei KI gut aufgestellt?

Ich war vor Ort und durfte mir das fast fertige Innovationszentrum ansehen – es wird großartig! Dort schafft man eine wichtige Plattform für Start-ups und innovationsgetriebene Menschen. Im April war ich im Rahmen des German Accelrator Programms drei Wochen in Rio, São Paulo und Buenos Aires. Dort gibt es unglaubliche Start-up-Hubs, Hochhäuser voller mutiger Menschen, die etwas schaffen wollen. Etwas Vergleichbares vermisse ich in Deutschland und besonders in Baden-Württemberg. Dank IPAI könnte hier aber endlich eine große Lücke geschlossen werden. Ähnliches sehe ich beim Cyber Valley: Wir können und müssen gemeinsam an mutigen Ideen arbeiten.

Nebenan, in Heidelberg sitzt Aleph Alpha. Das Sprachmodell Luminus ist zuletzt in die Kritik geraten und hat offenbar enttäuscht. Wie kommt es bei ihnen an?

Aleph Alpha haben große Investoren, die mit Sicherheit nicht sagen: hier ist Geld, mach mal. Ich denke, dass da Druck von oben kommt. Das Training von Sprachmodellen kostet unheimlich viel Geld. Open AI kann es sich leisten, die nehmen Dutzende wenn nicht Hunderte, Nvidia-Karten, von denen jede einzelne 20 000 Dollar kostet, und kaufen die Rechner und Rechenzentren hinzu. Das alles ist so teuer, dass 100 Millionen Euro nicht viel Geld ist. Das ist das Problem für Aleph Alpha. Auch die brauchen all dies, um ihr KI-Modell zu trainieren. Schließlich erwarten ihre Nutzer, die Behörden, dass sie, wenn sie eine Frage in ihren Rechner eintippen, umgehend eine Antwort bekommen.

Was würden Sie raten, um die Bedingungen für die Entwicklung von KI hierzulande zu verbessern?

Da geht es für mich schon in der Schule los. Wir müssen unser Bildungssystem optimieren und auf Innovationen eingehen,. Junge Menschen sollen lernen, wie man sich selbst und ständig weiterentwickeln und etwas aufbauen kann. Uns fehlt oft die Vernetzung von Unternehmen und Schulen. Junge Menschen sollten Praktika machen. Wir müssen sie animieren, risikobereit zu sein. Und, wenn jemand etwas riskiert und dabei pleitegeht, sollte der nicht gleich an den Pranger gestellt werden, wie das in Deutschland häufig passiert.

Aktuell ist es so, dass die Musik in punkto KI in den USA spielt, während hierzulande eher über die Rahmenbedingungen für KI diskutiert wird. Stellen wir uns da nicht selbst ein Bein?

KI ist für mich so ein Stück weit wilder Westen. Ich bin glücklich, dass Deutschland und auch Europa ein Reglement geschaffen haben. Kürzlich haben Open AI und Nvidia fast 500 000 Stunden Videomaterial einfach von Youtube geklaut, um mit diesen Daten ihre Modelle zu trainieren. Ich bin davon überzeugt, dass wir ein Reglement brauchen, um so etwas zu verhindern.

Was wollen sie in der Bundesfachkommission künstliche Intelligenz und Wertschöpfung machen?

Ich bin im Bundesverband und dem Landesverband tätig. Wir versuchen auf dem Radar zu haben, was sich in Sachen KI entwickelt: Was mit Chat GPT von Open AI ist, mit Mistral oder was aus Saudi-Arabien und China kommt? Der Wirtschaftsrat berät die Regierung. Nur so können wir der Politik Ideen vorschlagen, welchen Weg man gehen könnte.

Gründer und Geschäftsführer

Bernd Korz ist der Gründer und Geschäftsführer der Alugha GmbH, die 2014 in Mannheim gegründet wurde. Die Übersetzungsplattform übersetzt Videos und Audios mithilfe von künstlicher Intelligenz in über 200 Sprachen. Sie vereint Speech-to-Text, Transkription, Subtitling, Übersetzung und Text-to-Speech. Die Stimme stammt entweder von einem Menschen oder einer KI. Entscheidend für die Gründung war sein Sohn Niklas, der im Alter von 15 Jahren ein Plug-in für YouTube entwickelte, mit dem die Sprache während des Abspielens geändert werden konnte. Der Wirtschaftsrat der CDU hat Korz Angang August in die Bundesfachkommission Künstliche Intelligenz und Wertschöpfung 4.0 berufen.

Das Interview führte Wolfgang Leja

Nutzen Sie die Vorteile unseres

Premium-Abos. Lesen Sie alle Artikel aus Print und Online für

0 € 4 Wochen / danach 189 € jährlich Nachrichten aus Wirtschaft, Politik und Verwaltung in Baden-Württemberg Jetzt abonnieren

Lesen Sie auch