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Expertenbeitrag Projektanten:

Auftraggeber muss für fairen Wettbewerb sorgen

Öffentliche Auftraggeber dürfen sich im Vorfeld einer Vergabe von Projektanten unterstützen lassen. Doch beteiligt sich der Projektant am späteren Vergabeverfahren, besitzt er einen Informationsvorsprung. Dies gefährdet einen fairen Wettbewerb. Dennoch ist die Teilnahme von Projektanten am Vergabeverfahren zulässig. Vorausgesetzt der Auftraggeber sorgt für eine faire Ausgangssituation. Von Oliver Hattig.

Meist sind es Juristen, Architekten, Ingenieure oder Projektsteuerer, die bei der Durchführung eines Vergabeverfahrens unterstützen.

IMAGO/Westend61/Josep Suria)

Köln . Als vorbefasstes Unternehmen verfügt der Projektant typischerweise über einen Informationsvorsprung gegenüber den anderen Bietern. Auch könnte er bei der Vorbereitung der Ausschreibung die Bedingungen für die Erteilung des Auftrags in einem für ihn günstigen Sinn beeinflussen. Trotz dieser Gefahren dürfen Projektanten nicht ohne Weiteres von der Teilnahme am Vergabeverfahren ausgeschlossen werden. Das wäre unverhältnismäßig, urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH).

Informationsvorsprung des Projektanten ist auszugleichen

Den Richtern zufolge kommt es vielmehr darauf an, ob im Einzelfall eine Verfälschung des Wettbewerbs überhaupt vorliegt. Konkret stellt sich häufig die Frage, ob und wie der wettbewerbsverzerrende Informationsvorsprung des Projektanten ausgeglichen werden kann. Der Ausschluss des Projektanten ist der (aller-)letzte Ausweg. Er ist nur dann nicht zum Wettbewerb zuzulassen, wenn es ihm nicht gelingt zu beweisen, dass die von ihm erworbene Kenntnisse den Wettbewerb nicht verfälschen.

Der Auftraggeber muss sicherstellen, dass der Wettbewerb durch die Teilnahme des Projektanten nicht verfälscht wird. Welche konkreten Maßnahmen er dafür ergreift, liegt grundsätzlich in seinem Ermessen. Er kann etwa den Wissensvorsprung des einen Bieters durch Information aller anderen Bieter ausgleichen. Aber nicht in jedem Fall kann er allen Bietern sämtliche dem Projektanten zur Verfügung gestellte Unterlagen offenlegen.

Überdies hat das Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf klargestellt, dass es im Einzelfall erforderlich sein kann, die Zuschlagskriterien so festzulegen, dass keine Bevorzugung des Projektanten entsteht (Beschluss vom 13.05.2024 – Verg 33/23). Eignungs- und Zuschlagskriterien sind also so neutral aufzustellen, dass aus einem Wissensvorsprung des Projektanten keine Wertungsvorteile entstehen.

In dem konkreten Fall ging es um einen Auftrag über „Baustellenlogistik – Baufeld Infrastruktur“ für eine militärische Liegenschaft der Bundeswehr, der europaweit ausgeschrieben wurde. Zuschlagskriterien waren neben dem Preis das Qualitätskriterium „Aussagen zur Einhaltung von Terminen und Kosten“. Ein Unterkriterium lautete: „Durchdringung des Projektinhalts/Nennung eigener Lösungsansätze“. Der Auftraggeber hatte einen Projektsteuerer mit der Vorbereitung der Ausschreibung betraut. Dieser hatte eine Nachunternehmerin, die spätere Beigeladene, beauftragt, ein Baulogistikkonzept, die Ausführungsplanung und das Leistungsverzeichnis zu erarbeiten.

Die Beigeladene war über drei Jahre für den Projektsteuerer tätig. Sie und der spätere Antragsteller nahmen am Vergabeverfahren teil. Der Auftraggeber stellte allen Bietern sämtliche für das Projekt erarbeitete Unterlagen zur Verfügung. Nach den Verhandlungsgesprächen erhielt die Beigeladene sowohl insgesamt als auch zu den qualitativen Unterkriterien die meisten Wertungspunkte.

Gegen die beabsichtigte Zuschlagserteilung an die Beigeladene strengte der Antragsteller ein Nachprüfungsverfahren bei der Vergabekammer des Bundes an. Er hatte Erfolg. Die Kammer gab dem Auftraggeber auf, das Unterkriterium „Durchdringung des Projektinhalts/Nennung eigener Lösungsansätze“ zu streichen und neu über den Zuschlag zu entscheiden. Gegen den Beschluss der Vergabekammer legte die Beigeladene Beschwerde ein.

Diese blieb ohne Erfolg. Der Auftraggeber habe keine ausreichenden Maßnahmen ergriffen, um den Wettbewerbsvorteil auszugleichen, den die Beigeladene aufgrund ihrer Tätigkeit für den Projektsteuerer erlangt habe, so das OLG Düsseldorf. In ihrer Funktion als Unterauftragnehmerin des vom Auftraggeber mit der Vorbereitung des Vergabeverfahrens beauftragten Projektsteuerers habe die Beigeladene wesentliche Teile der Vergabeunterlagen bearbeitet.

Richter: Zuschlagskriterien waren nicht neutral gefasst

Zwar habe der Auftraggeber allen Bietern die ihm vorliegenden Unterlagen zur Verfügung gestellt. Er habe aber die Zuschlagskriterien nicht so neutral gefasst, dass aus einem etwaigen Wissensvorsprung des Projektanten keine Wertungsvorteile entstehen. Das Wertungskriterium „Durchdringung des Projektinhalts/Nennung eigener Lösungsansätze“ weise diese Neutralität nicht auf. Die Beigeladene habe aufgrund ihrer dreijährigen Beschäftigung mit dem Projekt ihr Angebot leichter an die Bedürfnisse des Auftraggebers anpassen können als andere, vorher unbeteiligte Bieter. Tatsächlich hatten sich die dargestellten Vorteile für die Beigeladene bei der Wertung auch positiv ausgewirkt.

Oliver Hattig, Rechtsanwalt, Hattig und Dr. Leupolt Rechtsanwälte, Köln Foto: Gerhard Prager

Projektanten beteiligen

Ein „Projektant“ ist ein vorbefasstes Unternehmen, das bereits in die Vorbereitung des Vergabeverfahrens eingebunden war. Das Vergaberecht enthält Regelungen zur Beteiligung von Projektanten im Vergabeverfahren.

Nach Paragraf 6 EU Abs. 3 Nr. 4 VOB/A, Paragraf 7 Abs. 1 VgV sowie Paragraf 5 Abs. 1 UVgO ist durch den öffentlichen Auftraggeber sicherzustellen, dass durch die Teilnahme von Bietern oder Bewerbern, die den Auftraggeber im Vorfeld des Vergabeverfahrens beraten haben, keine Verfälschung des Wettbewerbs erfolgt.

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