Kommentar zur Flüchtlingspolitik

Es benötigt klare Regeln für die Einwanderung

Die Politik muss die Flüchtlingsfrage in den Griff bekommen. Die Zahlen müssen sich stabilisieren, und das Land benötigt ein modernes Einwanderungsrecht, anstatt alle durch das Nadelöhr Asylrecht zu zwängen.

Justizministerin Marion Gentges (CDU) ist für die Flüchtlingsunterbringung in Baden-Württemberg zuständig,hier spricht sie im Bundestag.

Serhat Kocak)

Stuttgart. Kaum ein Thema treibt die Politik seit Jahren so um wie die Zuwanderung. Wobei die gefühlte Lage und die Realität oft eine ganz andere sind. Fakt ist: Seit der großen Welle im Jahr 2015 nach dem Syrienkrieg hat sich die Lage stabilisiert, doch die Kriege in Nahost und in der Ukraine haben für neue Anstürme gesorgt.

Dass aktuell deutlich weniger Flüchtlinge kommen, ist eine direkte Folge der stärkeren Grenzkontrollen. Übrigens sind im Juni noch weniger Migranten zu verzeichnen gewesen, weil während der EM besonders viel Polizei an den Übergängen war. Natürlich ist das in einer EU mit Reisefreiheit schwer erträglich. Aber solange Russland gezielt Migranten nach Westeuropa schleust, um die politische Lage zu destabilisieren, führt kein Weg daran vorbei.

Wer wirklich in Not ist, muss Anrecht auf Schutz haben

Klar ist: Das Grundrecht auf Asyl gehört zum Grundkonsens unserer Republik. Und wer in Not ist, sei es, weil Krieg in seiner Heimat herrscht oder er politisch verfolgt wird, dem muss unser immer noch wohlhabendes Land Schutz gewähren.

Zur aktuellen Lage der Flüchtlinge in Baden-Württemberg hier mehr.

Und wir benötigen eine stabile Zuwanderung, nicht nur von Fachkräften und Spezialisten, sondern auch von einfachen Arbeitskräften für die Landwirtschaft, das Handwerk, aber auch für Fabriken. All dies ist richtig und sollte auch von denen, die ständig „Ausländer raus“ und „Grenzen dicht“ rufen, als Realität endlich anerkannt werden.

Die Wahrheit ist aber auch der Satz des ehemaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck: „Die Herzen sind weit, aber die Aufnahmekapazitäten begrenzt.“ Wenn Kommunen überlastet sind, führt das zu Frust. Und das ist idealer Treibstoff für die Populisten von rechts, die Migranten gerne als Sündenböcke für alle Probleme missbrauchen wollen. Ihre Saat fällt auf fruchtbaren Boden, wenn das System zu bersten droht. Daher müssen endlich klare Regeln für Einwanderung her.

Feste Quoten und kein Bürgergeld für Ukrainer

Wie andere Industrieländer, die auf Arbeitskräftezuwachs angewiesen sind, sollte man Quoten festlegen und regulierte Migration ermöglichen, anstatt alle Ankömmlinge durch das Nadelöhr des Asylrechts zu zwingen. Gleichzeitig muss aber auch gelten, dass diejenigen gehen müssen, die kein Bleiberecht bekommen. Und dass nicht Deutschland das Ziel aller Sehnsüchte in Europa sein kann. Das gilt auch für die Ukrainer. Durch den Rechtskreiswechsel erhalten sie Bürgergeld, wodurch Deutschland für eine Million Ukrainer ein Magnet geworden ist, während in Frankreich nur 70 000 leben. Diese Entscheidung sollte korrigiert werden. Auch die Bezahlkarte setzt die richtigen Anreize.

Das ist nicht unmenschlich, Flüchtlinge werden in unserem Land besser versorgt als in den meisten anderen. Doch nur wenn sich die Zahlen bei rund 400 000 Menschen pro Jahr bundesweit stabilisieren, kann die Integration Schritt halten.

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