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Der Vorsitzende des Landesschülerbeirats Joshua Meisel auf dem Weg zu mehr Schülermitbestimmung
Joshua Meisel kann Schule aus einer speziellen Warte betrachten: Der 19-Jährige hat seit wenigen Wochen sein Einser-Abi in der Tasche. Den Vorsitz im Landesschülerbeirat ( LSBR ) führt er trotzdem weiter, weil nur verlangt wird, dass die Gewählten zum Zeitpunkt ihres Antretens – diesmal im vergangenen April – noch in der Schule sind.
Einsetzen will er sich vor allem für die Belange der Schularten neben dem Gymnasium, weil letzterem ein zu großer Stellenwert eingeräumt werde gegenüber jenen Schulen, die statt auf theoretische verstärkt auch auf handwerkliche Fähigkeiten setzen, findet Meisel.
Der gebürtige Münchener mit Erfahrungen auch in der Schweiz hat am eigenen Leib erlebt, wie verschlungen die Pfade zur Reifeprüfung sein können. „Viele Lehrer“, berichtet er, „haben mir das überhaupt nicht zugetraut.“ Er hat sich zuerst durchgebissen und dann in einem Basketball-Trainer die notwendige Unterstützung gefunden – im Umgang mit Fehlern, mit Disziplin, mit Teamgeist. Meisel beschreibt das Training als den notwendigen sicheren Ort, den alle Jugendlichen brauchen – auch „weil aus Fehler kein großes Drama gemacht wurde“.
Fehlerkultur im Unterricht
Eine Herangehensweise, die er sich gerade im Unterricht grundsätzlich wünscht. „Am Klettgau-Gymnasium Tiengen habe ich dann das erste Mal von einer Lehrperson gehört, dass ich aufs Gymnasium gehöre, und siehe da, meine schulischen Leistungen haben sich trotz Corona stets weiterentwickelt und verbessert“, berichtet er.
Weil der LSBR in der Landeshauptstadt beheimatet ist, wartet in seiner Stuttgarter WG tagtäglich Büroarbeit auf den Jogger und Rennradfahrer, der um fünf Uhr morgens aufsteht, um Sport zu treiben. Das Gremium, das sich selber auch schon mal ironisch „ LÄNDesschülerbeirat “ nennt, ist ein gesetzlich verankertes Gremium zur Beratung des Kultusministeriums. Der Beirat erarbeitet Vorschläge, stellt Anfragen, wird aber – nicht nur nach Meinung des gegenwärtigen Vorsitzenden – viel zu selten gehört und wahrgenommen. Er habe die Erfahrung gemacht, „dass es kein ernsthaftes Interesse an unserer Meinung gibt“. Das wolle und müsse der Vorstand gerade mit Blick auf die anstehenden Bildungsreformen dringend ändern.
Forderungen und Kritik an aktuellen Bildungsreformen
Die Rückkehr zum G9 nennt die Schülervertretung „die Erfüllung einer unserer Forderungen, die verbindliche Grundschulempfehlung jedoch „unfair und einschränkend“. Überhaupt lege die vorgestellte Ausgestaltung der Veränderung „einen zu starken Fokus auf eine „konservative Definition von Leistung“.
Dem hiesigen Schulsystem wünscht Meisel, der zu den Jahrgangsbesten im Südwesten in den MINT-Fächer gehört, einen Weg zu mehr Schülermitbestimmung statt -mitverantwortung, gerade weil das auch gelebter Demokratieunterricht sei. Er selber hat Tübingen oder Heidelberg im Blick, mit dem Ziel, Medizin zu studieren, um später in der Kinder- und Jugendpsychiatrie tätig zu sein.
Drei Fragen…
Welcher Wunsch an die Kultusministerin ist Ihr größter?Es mag zwar etwas utopisch sein, aber ich würde mir wünschen, dass wir nicht nur ein Anhörungsrecht, sondern auch ein Mitbestimmungsrecht hätten. Denn aufgrund des Wahlalters und der Demografie ist es (fast) unmöglich für uns, anderweitig Einfluss auf die Bildungspolitik zu nehmen, und das, obwohl wir am stärksten von ihr betroffen sind.
Was macht die Arbeit als Schülervertreter aus?Für mich persönlich bedeutet die Arbeit, dass ich für diejenigen einstehen kann, die sonst nicht gehört und gesehen werden.
Haben Sie ein Lieblingsfach und wenn ja warum?Ja, mein Lieblingsfach ist Ethik, weil mich das menschliche Handeln und Denken fasziniert.