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Verunsicherte Bürger zögern mit dem Heizungskauf
Berlin/Stuttgart . In den ersten sechs Monaten des Jahres haben die Hersteller bundesweit 378 000 Wärmeerzeuger abgesetzt, ein Minus von 43 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Das meldet der Bundesverband der Deutschen Heizungsindustrie (BDH). Die Gas-Brennwerttherme verkaufte sich seit Jahresbeginn nur noch 193 500 mal, ein Rückgang um 44 Prozent. Die Verkäufe von Wärmepumpen brachen gar um 54 Prozent ein. Für das Gesamtjahr rechnet die Heizungsindustrie mit einem Absatz von 200 000 Wärmepumpen: anders, als es sich die Bundesregierung vorgestellt hat. Sie rechnet mit einem Absatz von mindestens 500 000 Wärmepumpen pro Jahr, um ihre Klimaziele bis 2030 zu erreichen.
Kommunale Wärmeplanung hemmt Kaufentscheidung der Bürger
Der Markt habe sich nach der starken Nachfrage im Jahr 2023 deutlich abgekühlt, sagt BDH-Hauptgeschäftsführer Markus Staudt. Er macht dafür mehrere Effekte verantwortlich, allen voran die kommunale Wärmeplanung. Die Bundesregierung hatte den Kommunen aufgegeben, bis spätestens 2028 zu ermitteln, wo und wie etwa Fernwärme-Netze gebaut oder Quartierslösungen umgesetzt werden können. „Seither warten offenbar viele Bürger ab, was die Stadtwerke vorlegen, bevor sie eigenes Geld in die Heizungserneuerung investieren“, vermutet Staudt.
Auch jene, die die Heizungen einbauen, spüren eine abflauende Auftragslage. „Aktuell stabilisiert sich der Auftragsvorlauf im Heizungsbereich bei knapp 14 Wochen. Vor einem Jahr lag er noch bei 19 Wochen“, sagt Wolfgang Becker vom Fachverband Sanitär-Heizung-Klima Baden-Württemberg. Allerdings habe sich der Auftragsvorlauf damit von einem Rekordniveau auf Normalwerte reduziert.
Für die Delle bei den verkauften Wärmepumpen macht der Verbandschef die Förderpolitik verantwortlich. „Den Menschen wurde über ein Dreivierteljahr lang versprochen, dass sie mehr Fördergeld für Wärmepumpen erhalten, da ist die Zurückhaltung nur folgerichtig“, so Becker.
Für die offensichtliche Verunsicherung bei Verbrauchern sieht der SHK-Verband viele Gründe. „Noch bis vor zwei Jahren wurde Gas als Brückentechnologie weg vom Öl unterstützt. Mit dem Angriff Russlands auf die Ukraine 2022 und den Folgen daraus war dessen Ruf eines verlässlichen und günstigen Energieträgers zerstört“, sagt Becker. „Ein Jahr später entschloss sich Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit seiner Novelle des Gebäudeenergiegesetzes zu einem Test an der Bevölkerung, wie er selbst sagte: In diesem Test ist er durchgefallen“, kritisiert Becker. Die Reform habe den Ruf der Wärmepumpe als umweltfreundliche Heizung der Zukunft ramponiert. Dies sei sie aber nach wie vor.
Heizungsbauer kritisieren kommunale Entscheider
„Egal, was in einem Wärmeplan steht, mit einer Wärmepumpe ist man für die Zukunft gerüstet“, sagt er. „Wenn man aber den Menschen sagt, sie könnten in fünf oder sieben Jahren vielleicht Fernwärme bekommen, warten sie ab und lassen die alte Ölheizung weiterlaufen.“ Es dürfe nicht dazu kommen, dass sich Kommunen und Stadtwerke unter dem Deckmantel des Klimaschutzes neue Gebiete für ihre Fernwärme sichern wollen. Die Fernwärme-Quoten entstünden nicht aus fachlicher Expertise heraus, sondern als politische Ziele.